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Siemens SINAMICS S120 Funktionshandbuch Seite 398

Antriebsfunktionen
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Funktionsmodule
7.15 Trägheitsmomentsschätzer
7.15
Trägheitsmomentsschätzer
Beim Betrieb ohne Geber ist es wichtig, das Trägheitsmoment zu kennen: Zum einen muss
man im gesteuerten Betrieb (bei Drehzahlen kleiner p1755) wissen, wie schnell man die
Frequenz verstellen darf, ohne den Motor zum Kippen zu bringen. Zum anderen gibt es im
geregelten Betrieb (Drehzahlen oberhalb von p1755) eine Drehzahl-
/Drehmomentvorsteuerung, die im Drehzahlsollwert-Führungsverhalten die geringe
Drehzahlreglerdynamik im Betrieb ohne Geber kaschiert. Diese Vorsteuerung braucht auch
die genaue Kenntnis des Trägheitsmoments, wenn sie optimal arbeiten soll. Wird ein
falsches Trägheitsmoment parametriert, so wird der Fehler in der Vorsteuerung als Pseudo-
Lastmoment interpretiert, das der Drehzahlregler während der Beschleunigung ausregelt,
das aber am Ende des Beschleunigungsvorgangs zu einem Über- oder Unterschwinger
führt, weil dieses Pseudo-Lastmoment im I-Anteil abgebaut werden muss. Dieses
Einschwingen ist hörbar, weil die Drehzahlreglerdynamik im geberlosen Betrieb gering ist.
Der Trägheitsmomentsschätzer kann auch im Betrieb mit Geber aktiviert werden, allerdings
muss dann die Drehzahl-/Drehmomentvorsteuerung aktiviert sein (p1402.4 = 1). Im anderen
Fall geht das Trägheitsmoment nicht in die Motorregelung ein und eine Online-Schätzung
macht dann keinen Sinn.
Voraussetzungen und Wirkungsweise
Liegt während der Drehzahländerung eine unbekannte Last an, kann man das
Trägheitsmoment nicht ermitteln. Man kennt zwar das gesamte Drehmoment des Motors,
weiß aber nicht, welcher Anteil zum Beschleunigen und welcher für die Last verwendet wird.
Deswegen ist die Voraussetzung für den Trägheitsmomentsschätzer, dass die
Beschleunigungs- oder Bremsvorgänge (durch den Drehzahlsollwert) ohne Last
(Bearbeitung) erfolgen. Für einzelne Phasen, in denen während der
Drehzahlsollwertverstellung bearbeitet werden muss (z. B. bei Gewindeschneiden), kann
man über einen BICO-Schalter (Quelle von p1502 = 1) den Schätzer einfrieren, um ein
vorher richtig ermitteltes Trägheitsmoment nicht durch eine Fehlschätzung zu verstellen.
Generell braucht man aber Phasen, in denen die Drehzahl ohne Last verstellt wird. Aus dem
Motordrehmoment und der Drehzahländerung wird dann das Trägheitsmoment ermittelt,
passend geglättet und online angepasst. Für die erste Anpassung wird eine gewisse
Messzeit (100 ms) abgewartet, damit eine mechanische Eigenschwingung die Bestimmung
des Gesamtträgheitsmoments nicht verfälscht. Die Ermittlung arbeitet beim geberlosen
Betrieb nur im geregelten Bereich, denn nur hier kennt man den Drehzahlistwert. Im Betrieb
mit Geber arbeitet die Schätzung im gesamten Drehzahlbereich, in allen Fällen allerdings
nur während einer ausreichenden Drehzahlverstellung im Führungsverhalten (|r1518[1]| >
0.05*|p1538 – p1539|) und wenn nicht über p1502 das Einfrieren des Schätzers angefordert
wird. Der Startwert des Schätzers ist das parametrierte Trägheitsmoment (p0341 * p0341 +
p1498). Das muss auf das größte vorkommende Trägheitsmoment gestellt werden, damit
der Motor bei der ersten Beschleunigung im gesteuerten Bereich nicht kippt. Solange die
Impulse nicht gelöscht werden, wird im Motormodell immer der aktuell geschätzte Wert des
Trägheitsmoments benutzt. Dieser Wert kann in r1493 beobachtet werden. Mit jeder
Impulssperre wird das geschätzte Trägheitsmoment wieder auf den parametrierten Wert
gesetzt. Eine Anpassung des Drehzahlreglers mit dem geschätzten Trägheitsmoment erfolgt
nicht.
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Funktionshandbuch, (FH1), 01/2011, 6SL3097-4AB00-0AP1
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