4.5 Baustofffeuchte-Messung – Mikrowellenverfahren
Das Mikrowellenverfahren gehört zur Kategorie der di-
elek trischen Feuchtemessverfahren. Dielektrische Mess-
verfahren basieren auf den dielektrischen Eigenschaften
des Wassers. Wasser ist ein polares Molekül, d.h. die La-
dungsschwerpunkte fallen innerhalb des Moleküls örtlich
nicht zusammen.
Deswegen richtet sich das Wassermolekül in einem von
außen angelegten Feld in einer Vorzugsrichtung aus, es ist
polarisierbar. Wird ein elektromagnetisches Wechselfeld an-
gelegt, dann beginnen die Moleküle mit der Frequenz des
Feldes zu rotieren (Orientierungspolarisation). Dieser Ef-
fekt wird makroskopisch durch die physikalische Größe Di-
elektrizitätskonstante (Abkürzung DK) gekennzeichnet.
Der dielektrische Effekt ist bei Wasser so stark ausge-
prägt, dass die DK von Wasser etwa 80 beträgt. Die DK der
meisten Feststoffe, darunter auch der Baustoffe, ist we-
sentlich kleiner, sie liegt im Bereich 2 ...10 und vorzugs-
weise zwischen 3 und 6. Gemessen wird daher der Un-
terschied zwischen der DK von Wasser und der DK der
Baustoffe. Wegen des großen Unterschiedes zwischen
diesen Werten lassen sich auch kleine Wassermengen
schon gut detektieren.
4. Mineralische Baustoffe – Feuchtigkeitsbestimmung
4.5 – 01
4.5.1 Messprinzip
Bei zunehmenden Frequenzen kann das Wassermolekül
einem von außen angelegten elektromagnetischen Wech-
selfeld wegen stoffinterner Bindungskräfte (das Wassermolekül
„schwimmt" im Wasser und ist an die anderen Moleküle
gebunden) immer schlechter folgen.
Es entsteht eine Art stoffinterne Reibung oder anders ge-
sagt dielektrische Verluste. Bei genügend hoher einge-
strahlter Leistung führt dies zur Erwärmung. Dieser Effekt
wird z. B. in der Küchenmikrowelle für die Erwärmung von
Speisen genutzt.
Mit speziellen Mikrowellen-Anordnungen lassen sich die di-
elektrischen Verluste messen. Die hierfür einzustrahlen-
den Leistungen sind viele Größenordnungen kleiner als für
Erwärmungszwecke notwendig, sie können unter 1 mW
liegen. Damit wird jede Art gesundheitlicher Gefährdung
durch elektromagnetische Strahlung (Elektrosmog) aus-
geschlossen.
Das Maximum der dielektrischen Verluste von Wasser liegt
bei einer Frequenz um die 20 GHz. Allerdings ist die zugehörige
Wellenlänge der elektromagnetischen Welle so klein, dass
eine Messung bei dieser Frequenz nicht sinnvoll ist. Außerdem
sind auch bei niedrigeren Frequenzen die dielektrischen
Verluste schon hoch genug, um Wasser gut nachweisen zu
können.
Im Mikrowellenbereich stehen also neben der hohen DK des
Wassers (genauer: Realteil der DK) auch die dielektrischen
Verluste (genauer: Imaginärteil der DK) als Messgröße zur
Verfügung. Die Kopplung an die physikalischen Eigen-
schaften des Wassers ist sehr eng.
Darüberhinaus weist der Mikrowellen-Bereich noch eine Reihe
weiterer Vorteile auf. Wie sich von den grundlegenden Glei-
chungen der Elektrotechnik ausgehend leicht zeigen lässt,
sinkt bei zunehmenden Frequenzen der Einfluss der ohm-
schen Verluste (ionische Leitfähigkeiten, z. B. Versalzung des
Mauerwerks) stark ab. Ab etwa 1 GHz sind diese Verluste
gegenüber den dielektrischen Verlusten nahezu vernach-
lässigbar. Mikrowellenverfahren sind also von der
Versalzung nahezu unabhängig.