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Abhören, Mitlesen, Lauschen, Spähen - Epson NPD4746-00 Benutzerhandbuch

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Abhören, Mitlesen, Lauschen, Spähen
Der Schutz von Anwälten vor staatlicher Ausforschung bleibt lückenhaft
– nach der Reform ist vor der Reform:
Sven Rebehn, Osnabrück
Anwalt ist gut, Strafverteidiger ist besser: Beim Schutz von Anwaltskanzleien vor
verdeckten Ermittlungen gilt nach wie vor ein Zwei-Klassen-Recht. Die schwarz-gelbe
Bundesregierung versprach es abzuschaffen. Sie ist mit der Neuregelung des Berufs-
geheimnisträgerschutzes in § 160 a StPO aber auf halber Strecke stehen geblieben.
Mit der zum 1. Februar 2011 in Kraft getretenen Reform des § 160 a StPO hat die
Koalition nicht mehr als einen ersten Schritt getan. Bislang verweigerte der Staat
Rechtsanwälten einen uneingeschränkten Schutz ihrer beruflichen Geheimsphäre
vor Ermittlungen. Sofern schwere Straftaten in Rede standen, durfte nach § 160 a
StPO auch in Kanzleien abgehört und geschnüffelt werden. Die einzige Hürde war
eine wachsweich formulierte Verhältnismäßigkeitsklausel. Ausgenommen von
jeder Art der Kontrolle waren bisher lediglich Strafverteidiger.
Gefahrenabwehr und Anwaltsgeheimnis
Es ist richtig, dass dieses verfehlte Zwei-Klassen-Recht beim Schutz des anwalt-
lichen Berufsgeheimnisses in der Strafprozessordnung nun passé ist. Eine ambitio-
nierte Reform muss aber weiter gehen. Denn im Bereich der Gefahrenabwehr gilt
die Zweiteilung in das privilegierte Lager der Verteidiger und den großen Rest
weiterhin. Die § 160 a StPO alter Fassung vergleichbaren Vorschriften des Bundes-
kriminalamtgesetzes und des Zollfahndungsdienstgesetzes blieben unangetastet.
Ein uneingeschränkter Schutz des anwaltlichen Berufsgeheimnisses auch vor
präventiven Ermittlungen des Bundeskriminalamts und des Zollkriminalamts steht
aus. Dabei gelten die guten Argumente für die Neuregelung des § 160 a StPO auch
und gerade für die Vorschriften des § 20u BKAG und des § 23 a V ZFdG. Das Ver-
trauensverhältnis zwischen Mandant und Anwalt ist nicht weniger wichtig, wenn es
um Gefahrenabwehr geht.
Zu Recht haben der Deutsche Anwaltverein, die Bundesrechtsanwaltskammer
und andere Kritiker immer wieder darauf hingewiesen, dass eine Zweiteilung der
Anwaltschaft willkürlich ist. Denn die Übergänge vom Anwalts- zum Verteidiger-
mandat sind häufig fließend, etwa im Wirtschafts-, Insolvenz- oder Steuerrecht.
Gerade in komplexen Strafverfahren ist es zudem üblich, auch Kollegen hinzu-
zuziehen, die keine Strafverteidiger sind. Im Bereich der Gefahrenabwehr ist die
Trennung zwischen Strafverteidigern und sonstigen Rechtsanwälten besonders
schwierig, weil hier noch gar keine Straftat vorliegt und es in der Regel noch keinen
Verteidiger gibt. Vielmehr ist zu diesem Zeitpunkt praktisch jeder Rechtsanwalt
zunächst ein potenzieller Strafverteidiger.
Die Zweiteilung ist zudem rechtssystematisch nicht überzeugend. Sie steht im
Widerspruch zur Wertung des § 53 StPO, der Verteidigern und Rechtsanwälten in
gleicher Weise ein Zeugnisverweigerungsrecht gibt. Sie müssen in einem Strafver-
fahren all das nicht preisgeben, was sie im Rahmen ihres Mandats erfahren haben.
Das korrespondiert mit der beruflichen Pflicht des Anwalts, ihm anvertraute In-
formationen zu bewahren. Auch § 97 StPO (Verbot von Beschlagnahmen) und
§ 100 c StPO (Verbot von Lauschangriffen) unterscheiden nicht danach, ob ein
Anwalt oder ein Verteidiger betroffen wäre.
Das an anderen Stellen also ausdrücklich ohne Abstriche anerkannte Vertrauens-
verhältnis zwischen Anwalt und Mandant höhlen die Vorschriften für Bundes- und
Zollkriminalamt nach wie vor aus. Wer befürchten muss, dass Telefonate, E-Mails
oder Gespräche mit seinem Anwalt zur Gefahrenabwehr ausgeforscht werden
könnten, wird im Zweifel auf eine Rechtsberatung ganz oder teilweise verzichten.
Der ungehinderte Zugang zu anwaltlicher Hilfe ist aber Voraussetzung für eine
intakte Rechtspflege. Der Anwalt vermittelt als unabhängiges Organ die Teilhabe
des Einzelnen am Recht. Der Schutz seiner Berufsausübung liegt also im Interesse
der Allgemeinheit an einem funktionsfähigen Rechtsstaat. Diese Argumente hat
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger stets geteilt. Schon vor
AnwBl 4 / 2011
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