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Epson NPD4746-00 Benutzerhandbuch Seite 70

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Haftpflichtfragen
können. Schließlich muss auch der Kostenträger den Um-
fang von erbrachten medizinischen Leistungen prüfen
können. Zweck der Dokumentation ist nicht, dem Patienten
eine Handhabe zur Klage zu geben. Eine fehlende oder un-
vollständige Dokumentation bildet für sich keine Anspruchs-
grundlage. Allerdings führt dies – in der Praxis höchst wich-
tig – im Arzthaftungsprozess zu Beweiserleichterungen für
den Patienten bis hin zur Beweislastumkehr. Wenn auf-
zeichnungspflichtige
Maßnahmen
wurden, so wird vermutet, dass die Maßnahmen nicht ge-
troffen wurden.
Gerade im Anwaltshaftungsprozess wegen behaupteter
Fehler des Anwalts im vorangegangenen Arzthaftungspro-
zess kann es wegen der langen Zeitabläufe vorkommen, dass
die gesetzliche Aufbewahrungsfrist von normalerweise
10 Jahren (vgl. z. B. § 10 Abs. 3 (Muster-)Berufsordnung für
Ärzte = MBO-Ä; siehe aber auch § 28 Abs. RöV = Röntgen-
Verordnung) bereits abgelaufen ist und die Unterlagen ganz
oder teilweise vernichtet sind. Dann kann (OLG Hamm
VersR 2005, 412) der Patient im Prozess gegen den Arzt
(oder den ihn selbst vormals vertretenden Anwalt) keine Be-
weiserleichterung mehr fordern.
5. Aufklärung
Durch die ärztliche Aufklärung hat der Patient die Möglich-
keit, den Umfang seiner Einwilligung zum geplanten ärzt-
lichen Heileingriff bestimmen zu können. Nur bei korrekter
Aufklärung, für die der Arzt die Beweislast hat, ist die Ein-
willigung rechtswirksam. Aufzuklären ist umfassend über
die typischen Risiken eines geplanten Eingriffs im Sinne ei-
ner Risiko-Chancen-Beurteilung. Auch über sehr geringe
(atypische) Risiken ist aufzuklären, wenn sie – wie etwa eine
Querschnittslähmung – bei Verwirklichung für den Patien-
ten extrem einschneidend wären. Wie der Arzt aufklärt,
bleibt ihm überlassen; die Aufklärung muss – je nach vor-
hersehbarer Schwere des Eingriffs – hinreichende Zeit vor
dem geplanten Eingriff erfolgen. Vgl. insgesamt zu Aufklä-
rungsfragen auch Wussow in VersR 2002,1337 ff. Bei un-
wirksamer Aufklärung kann der Arzt behaupten, dass der
Patient auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung in den Ein-
griff eingewilligt hätte. Zu den dann folgenden Darlegungs-
und Beweislastproblemen siehe etwa Schellenberg in VersR
2008, 1298 ff.
II. Mögliche Vorgehensweisen des Patientenanwaltes
Bevor der Anwalt im Einvernehmen mit dem Mandanten
Maßnahmen ergreift, ist es wichtig, die generellen Ziele des
Mandanten herauszuarbeiten. Strebt er eher eine rasche
gütliche Einigung an oder ist er bereit, eine langjährige Aus-
einandersetzung in Kauf zu nehmen? Ist etwa bei schweren
Dauerschäden mit ungewisser Prognose dem Mandanten
mit einer vorbehaltlosen Abfindung wirklich gedient? Zu
berücksichtigen ist andererseits auch die nerven- und geld-
zehrende mögliche Dauer eines Arzthaftungsrechtsstreits für
den Mandanten. Da der Mandant Herr des Verfahrens ist, ist
er bereits zu Anfang über die Vor- und Nachteile der ver-
schiedenen Optionen ausführlich zu belehren, um ange-
sichts der Chancen und Risiken seine Wahl zu treffen. Die
Belehrung des Mandanten und dessen Entscheidung sollten
schriftlich dokumentiert werden.
Die Tücken des Arzthaftungsmandats, Werner
1. Schlichtungsverfahren
Sofern dem Mandanten an einer gutachterlichen Klärung
mit überschaubarem eigenem Kostenaufwand und hoher
Ergebnisakzeptanz auf Arztseite gelegen ist, liegt die Ein-
schaltung einer ärztlichen Schlichtungsstelle (auch Gutach-
terkommission genannt) nahe. Der Anwalt sollte die Verfah-
rensordnung der Schlichtungsstelle prüfen und dem
Mandanten erläutern. Der Berufshaftpflichtversicherer des
nicht
dokumentiert
Arztes (wie auch der Arzt selbst) wird sich der Durchführung
des Schlichtungsverfahrens wohl eher nicht entgegenstellen
– er kann dies freilich tun, zumal er die Kosten des Verfah-
rens, auch eines von der Schlichtungsstelle benannten Gut-
achters, trägt. Der Patient muss nur die eigenen Anwaltskos-
ten tragen. Die Schlichtungsstelle gibt abschließend eine
Empfehlung ab, die keine der beiden Parteien bindet; der
Rechtsweg bleibt offen. Für ausführlichere Erläuterungen sei
auf den Aufsatz von Katzenmeier in AnwBl 2008, 819-823 ver-
wiesen.
2. Korrespondenz mit der gegnerischen Berufshaftpflicht-
versicherung
Auch dieser Weg ist für den Anwalt natürlich möglich. Dann
muss er noch mehr als bei den anderen Alternativen die Be-
handlungsunterlagen – nach Anforderung und Erhalt –
selbst analysieren. In komplexeren Fällen ist es möglicher-
weise sinnvoll, die Unterlagen intern von einem Facharzt
analysieren zu lassen oder sogar ein Privatgutachten ein-
zuholen. Hierfür stellt sich unmittelbar die mit dem Man-
danten vorab abzuklärende Kostenfrage, denn auch eine ein-
trittspflichtige
verpflichtet noch bereit sein, die Kosten für ein außergericht-
liches Privatgutachten zu übernehmen.
ist deshalb auch daran zu denken, um Unterstützung durch
den Medizinischen Dienst der (gesetzlichen) Krankenkassen
(MDK) zu bitten (vgl. § 66 SGB V). Die Unterstützung durch
den MDK umfasst insbesondere die Erstellung medizi-
nischer Gutachten, die allerdings – anders als Gutachten im
Rahmen eines Schlichtungsverfahrens – von der Haftpflicht-
versicherung des Arztes als Parteigutachten betrachtet und
deshalb oft besonders kritisch beurteilt und geprüft werden.
Die vorprozessuale Stellungnahme der Haftpflichtversiche-
rung des Arztes kann auch bei ablehnendem Inhalt dem An-
walt des Patienten nützen; denn oft werden darin die kriti-
schen Punkte des Falles beleuchtet, in die sich der Anwalt
dann weiter einarbeiten kann und sollte.
3. Einleitung eines Strafverfahrens
Bei der Wahl seiner vorprozessualen Taktik sollte der Anwalt
unter anderem auch überlegen, ob er ein – dem Zivilverfah-
ren vorgeschaltetes – Strafverfahren anstoßen soll oder nicht.
Da die fahrlässige Körperverletzung ein Antragsdelikt ist
(§ 230 StGB), ist dabei die Antragsfrist des § 77 b StGB zu be-
achten. Wenn diese bereits abgelaufen ist, kann ein Strafver-
fahren nur noch erfolgen, wenn die Staatsanwaltschaft „we-
gen
Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für gebo-
ten hält", vgl. hierzu auch Günter in DRiZ 1992, 96.
großen eigenen Aufwand oft eine Prüfung (incl. Sachverstän-
digengutachten) von auch zivilrechtlich bedeutsamen Fra-
gen. Andererseits wird durch eine solche Vorgehensweise
Rechtsschutzversicherung
Insbesondere in Fällen von großer finanzieller Tragweite
des besonderen öffentlichen
Der Anwalt erhält bei der strafrechtlichen Variante ohne
wird
weder
Interesses an
der
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AnwBl 4 / 2011

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