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Kommunikation Als Herausforderung: Neue Wege Für Datenschutz; Einleitung - Epson NPD4746-00 Benutzerhandbuch

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N
M
Aufsätze
Kommunikation als
Herausforderung: Neue
Wege für Datenschutz
Für Masseneingriffe bei sozialen Netzwerken im
Internet reicht Stiftung Datenschutz nicht
Prof. Dr. Indra Spiecker gen. Do ¨ hmann, LL.M. (Georgetown Univ.),
Karlsruhe
Der Erfolg der sozialen Netzwerke im Internet hat den Daten-
schutz vor eine neue Herausforderung gestellt: Die Nutzer
wollen Informationen mit anderen teilen, aber nicht jeder soll
alles mit Daten machen dürfen. Die Autorin hat auf dem DAV-
Forum Datenschutz am 27. Oktober 2010 für eine Stärkung
des Datenschutzes mit mehr Rechtssicherheit für die Unter-
nehmen plädiert. Dazu gehören auch ein allgemeines Klage-
recht für Institutionen und pauschalierter Schadenersatz.
I. Einleitung
Ein Leben ohne im wahrsten Sinne des Wortes grenzenlose
Kommunikation ist für uns nicht mehr vorstellbar. Telekom-
munikationsdienste, allen voran das Internet, haben
herkömmliche räumliche, zeitliche, kognitive und wirtschaft-
liche Beschränkungen der Verfügbarkeit und Übermittlung
von Informationen weitgehend aufgehoben. Damit ändert
sich auch der Umgang mit Informationen. Die Selbstdarstel-
lung von Personen und Unternehmen im Internet, sei es aus
privaten oder beruflichen Gründen, nimmt erheblich zu,
und auch das Interesse an diesen Informationen.
Als zentrale Entwicklung für diesen Bereich dürfen die
Entwicklungen des Web 2.0. gelten, allen voran die Einrich-
tung (und der Erfolg) sog. „Sozialer Netwerke". Dieser Termi-
nus beschreibt eine Gemeinschaft von Menschen oder Grup-
pierungen im Internet, die miteinander technisch durch eine
interaktive Webanwendung institutionell verbunden sind. Be-
kannte Soziale Netzwerke sind etwa StudiVZ, Xing, Facebook,
Myspace, LinkedIn und Twitter. Aber auch andere kommuni-
kative Formen des Internets fallen unter den Begriff des So-
zialen Netzwerks, insbesondere Blogs oder auch Wikipedia.
Um die rechtlichen Bedingungen und Probleme sozialer
Netzwerke analysieren zu können, erfolgt zunächst ihre Einord-
nung (II.), bevor einige ausgewählte aktuelle Fragestellungen
aus informationsrechtlicher, speziell datenschutzrechtlicher,
Sicht (IIII) angesprochen werden. Der Beitrag schließt mit
Überlegungen zum Problemfeld eines effektiven und sinnvol-
len Datenschutzes im Internet in Sozialen Netzwerken (IV.).
II. Kennzeichen von Sozialen Netzwerken
Soziale Netzwerke sind Instrumente des Sozialen. Sie verbin-
den Menschen in kommunikativen Prozessen.
kommt es zu typischen Entwicklungen auf der Kommunika-
tionsebene, insbesondere zum Entstehen verschiedenster
Gruppierungen mit unterschiedlichen Vertrautheits- und
2
Vertraulichkeitsgraden,
Artikulation von persönlichen Ein-
schätzungen,
Vertrauensbildung
tausch, aber auch zu Informationsverzerrung, Unrichtigkei-
256
AnwBl 4 / 2011
*
1
Daher
und
Informationsaus-
ten, Wahrnehmungsdefiziten bis hin zu Ausgrenzung oder
sogar Mobbing. An diese kommunikativen Prozesse knüpfen
sich entsprechend rechtliche Bewertungen an. Allein auf der
verfassungsrechtlichen Ebene können Meinungsfreiheit (ein-
schließlich Presse- und Rundfunkfreiheit), Informationsfrei-
heit, Versammlungsfreiheit, Persönlichkeitsfreiheit oder das
Recht auf informationelle Selbstbestimmung offenkundig
betroffen sein. Der Staat tritt in diesem Kontext entweder als
3
Regulator
oder aber als Garant von Drittschutz
Hinter der unmittelbar ersichtlichen Kommunikations-
ebene zwischen konkreten Individuen steht die Bedeutung
Sozialer Netzwerke als Instrumente der Informationsverbrei-
tung innerhalb der Gesellschaft. Soziale Netzwerke sind vor-
rangig ein Instrument der Wissensverbreitung. Zentral ist
die Verbreitung von Informationen über Personen. Dies ge-
schieht sowohl „aus erster Hand" (durch den Nutzer selbst)
als auch „aus zweiter Hand" (über einen Nutzer durch an-
dere Nutzer). Diese Informationsverbreitung kann be-
schränkt (für ausgewählte Personen) oder unbeschränkt (für
jedermann) geschehen. Außerdem sind Soziale Netzwerke
gelegentlich auch Instrument einer (erstmaligen) Informati-
onsgewinnung und dienen damit der Erweiterung von Wis-
sen in der Gesellschaft, etwa wenn (erstmalig) Informationen
über Nutzungsverhalten generiert wird.
Soziale Netzwerke sind auch Netzwerke im ökono-
mischen Sinne. Daher kommt es zu typischen Verzerrungen
auf der Preisbildungsebene, dem Markt. Marktversagens-
erscheinungen können auftreten, insbesondere Monopolbil-
dung aufgrund von Skalen-, Verbund- und Dichtevorteilen.
So ist die Zugangs- und Austrittsentscheidung für einzelne
Nutzer erschwert, Konkurrenten können sich nur schwer
etablieren, Marktbeherrscher können Bedingungen vor-
geben. Diese Effekte sind bereits im Umfeld heute existieren-
der Sozialer Netzwerke zu beobachten.
Soziale Netzwerke können sich darüber profilieren, dass
sie besonders viele Nutzer erreichen oder dass sie besondere
Nutzer aufweisen. Forschungen zeigen, dass auch großange-
legte Netze Substrukturen kleiner Netze aufweisen, sortiert
zumeist nach einfachen Qualitätskriterien.
Die Motivation zur Nutzung Sozialer Netzwerke kann in-
dividuell sehr verschieden ausfallen. Sie reicht von einer aus-
schließlich privaten Nutzung über teil-private, teil-berufliche,
professionelle bis hin zu einer staatlichen und schließlich
auch zu einer wissenschaftlichen Nutzung. Von besonderer
Bedeutung sind Einschätzungen über Personen im Vorfeld
von Verträgen und institutionellen Beziehungen (z. B. Ar-
6
beits-,
Vertrauens-, Miet-, Versicherungsverhältnis), Beob-
achtung von Konkurrentenverhalten, Bestimmung der Kauf-
kraft, Marketing, aber auch Erkenntnisse zur Terror- und
Kriminalitätsprävention sowie Steuerverfolgung. Die Daten
in Sozialen Netzwerken werden daher nicht nur von privaten
*
Der Beitrag beruht auf einen Vortrag auf dem DAV-Forum Datenschutz am 27.
Oktober 2010 in Berlin (siehe Tagungsbericht AnwBl 2010, 844). Auf einen um-
fänglichen Fußnotenapparat wird angesichts der Aktualität verzichtet.
1
Vgl. Hoeren/Sieber, Handbuch Multimedia-Recht, Teil 12 Rn. 415.
2
Speziell für das Internet etwa Boehme-Neßler, MMR 2009, 43; Heckmann, K&R
2010, 1.
3
So etwa bei der umstrittenen Sperrung kinderpornografischer Seitenaufrufe im In-
ternet, siehe dazu etwa Heuner, in: Taeger/Wiebe (Hrsg.), Inside the Cloud – Neue
Herausforderungen für das Informationsrecht, 2009, S. 107; Marberth-Kubicki,
NJW 2009, 1792, jeweils m. w. N.
4
So etwa bei der sog. „Spick-Mich"-Entscheidung des BGH, NJW 2009, 2888.
5
Vgl. nur Landherr/Friedl/Heidemann, Wirtschaftsinformatik 2010, 367.
6
Dazu nur Rolf/Rötting, RDV 2009, 263; Forst, NZA 2010, 427; Oberwetter, NJW
2011, 417.
Kommunikation als Herausforderung: Neue Wege für Datenschutz, Spiecker
4
auf.
5

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