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Hemmnis Für Einen Modernen Datenschutz: Das Verbotsprinzip - Epson NPD4746-00 Benutzerhandbuch

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Anwaltsblatt Jahrgang 61, 4 / 2011
Im Auftrag des Deutschen Anwaltvereins
herausgegeben von den Rechtsanwälten:
Felix Busse
Dr. Peter Hamacher
Dr. Michael Kleine-Cosack
Wolfgang Schwackenberg
Hemmnis für einen
modernen Datenschutz:
Das Verbotsprinzip
Modernisierung des BDSG mit einem neuen Ansatz
– und mit 12 Thesen zu einem Stufenmodell
Rechtsanwalt Prof. Dr. Jochen Schneider, Mu ¨ nchen
Die Welt der elektronischen Daten hat sich in zwanzig Jah-
ren radikal geändert. Aus lokal betriebenen elektronischen
Rechenzentren sind weltweit kommunizierende virtuelle Re-
chennetze geworden. Waren die technischen Möglichkeiten
lange Auslöser des Wandels, hat sich das gedreht: Heute for-
dern neue Dienstleistungen den Datenschutz heraus. Das
gilt für Street View von Google, soziale Netzwerke wie Face-
book oder ausgefeilte internetbasierte Programme der Kun-
denbindung und -betreuung. Auf dem DAV-Forum Daten-
schutz diskutierte die Anwaltschaft mit der Politik am
27. Oktober 2010 über die Zukunft des Datenschutzes. Der
Autor stellt vor, wie aus Sicht der Anwaltschaft das deutsche
Datenschutzrecht im nicht-öffentlichen Bereich umgestaltet
werden sollte. Am Ende finden sich zwölf Thesen. Die ge-
plante Stiftung Datenschutz kann eine wichtige Rolle spie-
len, die Transparenz für den Einzelnen und dessen Selbst-
schutz zu verbessern.
I. Das Verbotsprinzip im nicht-öffentlichen Bereich
Vorbemerkung: Die Überlegungen in diesem Beitrag zur Re-
form des Datenschutzrechts betreffen den nicht-öffentlichen
Bereich. Es geht nicht um den öffentlichen Bereich. Hier
mag alles bleiben wie es ist. Im Bereich der Privaten ist das
Verbot mit Erlaubnisvorbehalt als oberstes Prinzip dogma-
tisch nicht haltbar, weil die Berücksichtigung der Grund-
rechte der Beteiligten verlagert wird und das Verbot insoweit
ohne unmittelbares Ausgleichsgewicht greift. Erst im Rah-
men der Ausnahmen folgen nach dem Konzept des Bundes-
datenschutzgesetzes (BDSG) Abwägungen. Auf der Ebene
des Schutzgutes der personenbezogenen Daten und des
Hemmnis für einen modernen Datenschutz: Das Verbotsprinzip, Schneider
Redaktion:
Dr. Nicolas Lührig
(Leitung)
Udo Henke
Manfred Aranowski
Rechtsanwälte
Schutzzieles, nämlich der Vermeidung von Beeinträchtigun-
gen der Persönlichkeitsrechte, gibt es einige Korrektive wie
Informationsfreiheit,
Meinungsäußerungsfreiheit oder den Eigentumsschutz. Es
fehlt die systematische, dem Rang dieser Rechte entspre-
chende Abwägung der verschiedenen Grundrechtspositionen
mit dem Schutzgut und den Schutzzielen des Datenschutzes
*
als Gegengewichte zum Verbot.
Unternehmen („datenverarbeitende Stelle"). Das Verbots-
prinzip mit Erlaubnisvorbehalt macht das BDSG aber nicht
transparent. Es ermöglicht keine schematisch handhabbaren
Lösungen, sondern erfordert eine Vielzahl diffiziler Subsum-
tionsschritte. Das ist kontraproduktiv für den Datenschutz.
Einerseits müssen für den Datenverarbeiter Massengeschäfte
auf sicherer Basis und mit richtiger Handhabung erfolgen,
andererseits sind Spielräume für individuelle Anpassungen
und Entscheidungen notwendig. Aber auch für den Bürger
sollte das BDSG handhabbar sein, damit er seine Rechte
(Auskunft, Berichtigung, Löschung) erfolgreich verfolgen
kann. Das Gesetz muss dazu verständlich sein.
schaft eines verständlichen Bürger- oder Verbraucherrechts
hat das BDSG wohl nie gehabt, jedenfalls mit den Novellen
vollends verloren.
bung und Nutzung personenbezogener Daten (in § 3 BDSG je-
weils definiert) vor. Dieses Prinzip ist die Regel, die mit Er-
laubnisvorbehalt versehen ist. Dementsprechend gibt es
einen Katalog von Ausnahmetatbeständen, die die Zulässig-
keitsvoraussetzungen notwendigerweise sehr weit und vage
regeln, sodass dazu Ausnahmen in großer Zahl erforderlich
sind.
praktisch die Regel), wäre das BDSG zumindest im nicht-
öffentlichen Bereich verfassungswidrig, weil es die Rechte
der Unternehmen zu sehr einschränken würde.
*
1
2
3
wirtschaftliche
Das BDSG richtet sich im nicht-öffentlichen Bereich an
Das BDSG sieht in § 4 ein Verbot der Verarbeitung, Erhe-
2
Wären die Ausnahmen nicht sehr weit (und somit
Der Beitrag beruht auf dem Vortrag des Verfassers auf dem DAV-Forum Daten-
schutz am 27. Oktober 2010 in Berlin (siehe Tagungsbericht in AnwBl 2010, 844).
So der Bundesrat zum Entwurf für Beschäftigtendatenschutz (BR- Drucks
535/2/10, S.10), wo die Kategorien der leichteren Erschließbarkeit des Gesetzes
und der Praxisgerechtheit postuliert werden.
Siehe nur § 28 BDSG: die General-Zulässigkeitsnorm ist seit der Novelle 2009 we-
gen des Umfangs kaum verständlich und handhabbar.
Deshalb wird zu § 32 BDSG 2009 gefolgert, dass zu anderen Zwecken als Be-
schäftigungsverhältnissen die Datenverarbeitung der Beschäftigtendaten weiter
nach § 28 beurteilt werden darf, s. etwa Taeger/Gabel/Zöll, Kommentar zum BDSG
2010, Rz. 5 ff. zu § 32.
Betätigungsfreiheit,
1
Die Eigen-
3
Zwar weist
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AnwBl 4 / 2011

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