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Epson NPD4746-00 Benutzerhandbuch Seite 30

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M
N
Aufsätze
mittlung ins Drittausland sah, da Derartiges nach den bishe-
rigen Regelungen hätte pauschal als rechtswidrig erklärt wer-
den müssen. Dies aber hätte zu einer generellen Infragestel-
lung personenbezogener Datenveröffentlichung im Internet
4
geführt.
In den Folgejahren kam es zunehmend zu Datenschutz-
konflikten bei Internetveröffentlichungen und insbesondere
zu Spannungen zwischen der Meinungsfreiheit und dem
Persönlichkeitsschutz im Netz, zum Beispiel auf Webseiten,
in Diskussionsforen, in Social Communities,
ten Prangerseiten oder in Suchmaschinen.
Am 9.2.2010 erklärte es der BGH für zulässig, dass im
Internet ein Dossier mit Altmeldungen über den Mord an
Walter Sedlmayr bereitgehalten werden darf, in dem die Na-
men der Verurteilten aufgeführt sind. Er hob die Entschei-
dungen der Vorinstanzen auf, die sich an der Lebach-Ent-
scheidung des BVerfG aus dem Jahr 1973 orientierten,
nahm eine Abwägung vor, bei der die Besonderheiten von
Internetveröffentlichungen wesentlich berücksichtigt wur-
8
den.
Aufschlussreich ist weiter die Entscheidung des BGH
vom 2.3.2010, wonach deutsche Gerichte für eine Klage we-
gen Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
durch einen im Internet von der „New York Times" veröf-
fentlichten Artikel für zuständig erklärt wurden.
Im „Spickmich-Urteil" des BGH vom 23.6.2009 wurde
erstmals höchstrichterlich festgestellt, dass Regelungen des
Datenschutzrechtes, hier des § 29 Abs. 2 BDSG, mit den
praktischen Gegebenheiten des Internet und der dort wahr-
genommenen und auch in anonymer Form grundsätzlich ge-
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währten
Meinungsfreiheit nicht vereinbar sind und deshalb
nicht angewendet werden dürfen.
II. Gesetzesdefizite
Unser Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) stammt hinsicht-
lich seiner Regelungsstruktur für Internetveröffentlichungen
aus dem Jahr 1990, also aus einer Zeit, in der das World
Wide Web gerade seine ersten Gehversuche machte. Dessen
technische Möglichkeiten waren noch nicht ansatzweise ab-
sehbar und spielten für den Gesetzgeber keine Rolle. So
hängt die Durchsetzbarkeit des Datenschutzrechtes bis heute
davon ab, dass eine verantwortliche Stelle ihren Sitz im
Raum der Europäischen Union oder des Europäischen Wirt-
schaftsraums (EU/EWR) hat (§ 1 Abs. 5 BDSG). Nach § 3
Abs. 7 BDSG werden sämtliche Stellen als für personenbezo-
gene Datenverarbeitung rechtlich verantwortlich erklärt, die
die technische Kontrolle über personenbezogene Daten ha-
ben, unabhängig davon, ob diese die Daten bewusst zur
Kenntnis nehmen. Dies führt dazu, dass die Betreiber von
Suchmaschinen, Sozialen Netzwerken, Blogs und Foren für
fremde Inhalte zur Rechenschaft gezogen werden müssten,
was aus praktischer Sicht unsinnig wäre und tatsächlich
auch nicht in seinen Konsequenzen so umgesetzt wird.
Anders als im Telemediengesetz (§ 3 Abs. 2 TMG) ist im
BDSG eine elektronische Einwilligung von Betroffenen nicht
vorgesehen; die Einwilligung muss, so das Gesetz, schriftlich
erfolgen, „soweit nicht wegen besonderer Umstände eine an-
dere Form angemessen ist" (§ 4 a Abs. 1 S. 3 BDSG). Im In-
ternet können nun wirklich nicht erst „besondere Um-
stände" verlangt werden, um eine elektronische Einwilligung
zuzulassen.
Datenschutz und Meinungsfreiheit, Weichert
5
auf so genann-
6
7
und
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11
12
Seit der Spickmich-Entscheidung des BGH ist geklärt,
dass zumindest vorübergehend die Veröffentlichung im In-
ternet nach § 29 BDSG zu beurteilen ist. Ebenso klar ist aber
auch, dass dessen Absatz 2 nicht angewendet werden kann
und darf, der in jedem Einzelfall das Vorliegen eines berech-
tigten Abrufinteresses voraussetzt. Tatsächlich bietet der § 29
BDSG außer seiner Vorgabe, bei einer Speicherung zum
Zweck der Übermittlung eine Interessenabwägung vor-
zunehmen, keine weiteren normativen Hilfen. Völlig hilflos
ist der Rückgriff auf § 10 BDSG, der das nach dem Wortlaut
anwendbare automatisierte Abrufverfahren regelt. In § 10
Abs. 5 BDSG wird klar gestellt, dass diese Regeln für „den
Abruf allgemein zugänglicher Daten" nicht gelten. Ungeklärt
bleibt aber im ganzen BDSG die Frage, welche Daten über
das Internet „allgemein zugänglich" gemacht werden
dürfen.
In § 41 BDSG wird der Aspekt der Pressefreiheit und des
Art. 5 GG ins Datenschutzrecht eingeführt. Doch gilt diese
Regelung nur für „Unternehmen und Hilfsunternehmen der
Presse", soweit sie „ausschließlich zu eigenen journalistisch-
redaktionellen oder literarischen Zwecken" Daten verarbei-
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ten.
Darunter kann nun beim besten Willen nicht jeder In-
ternetnutzer subsumiert werden, der eigene Inhalte ins Netz
stellt. Dieser ist wohl auch kaum dem Pressekodex des Deut-
schen Presserates zu unterwerfen.
In § 35 BDSG sind die Instrumente Berichtigung,
Löschung und Sperrung von Daten geregelt, die sich an der Er-
forderlichkeit und Richtigkeit der Daten orientieren sowie an
bestimmten Fristen. Eine wirksame Löschung von ins Netz
gestellten Daten ist nicht möglich, da die Verfügungsmacht
hierüber durch Kopieren und Hochladen auf einem anderen
Host verloren geht. § 38 BDSG, der die Datenschutzkontrolle
durch Aufsichtsbehörden der Länder regelt, macht keine Vor-
gaben, wie im Fall von Beschwerden zu personenbezogener
Internetdatenverarbeitung zeitnah eine Konfliktlösung um-
gesetzt werden kann.
III. Gesetzgebungsaktivitäten
Am 18. März 2010 beschloss die Konferenz der Datenschutz-
beauftragten des Bundes und der Länder die Eckpunkte „Ein
modernes Datenschutzrecht für das 21. Jahrhundert". Dort
wird im Kapitel „Datenschutz im Internetzeitalter" ein um-
fangreicher Katalog von Regelungsvorschlägen gemacht. Ge-
genstand der Vorschläge sind u. a. „Privacy by Default", also
die Verpflichtung zu datensparenden Grundeinstellungen,
die elektronische Wahrnehmung von Betroffenenrechten
gegenüber den Anbietern, die erleichterte Durchsetzung von
4
EuGH MMR 2004, 95 = JZ 2004, 242.
5
Erd NVwZ 2011, 19; Ernst NJW 2010, 2989 u. NJOZ 2010, 1917.
6
Zu Letzterem ausführlich Weichert in Lewandowski, Handbuch Internet-Such-
maschinen, 2009, S. 285 ff.
7
BVerfG NJW 1973, 1226.
8
BGH NJW 2010, 2432, DANA 2010, 90.
9
BGH v. 2.3.2010, Az. VI ZR 23/09, NJW 2010, 1752.
10 Hoeren ZRP 2010, 251.
11 BGH NJW 2009, 2888; zur Grundsatzproblematik Weichert in Däubler/Klebe/
Wedde/Weichert, BDSG, 3. Aufl. 2010, § 29 Rz. 44 ff. m. w. N.; zur Arztbewertung
im Internet Gundermann VuR 2010, 329; Martini in Hill/Schliesky, Innovationen im
und durch Recht, 2010, 153.
12 Weichert in Däubler u. a. (Fn. 11), § 3 Rz. 57.
13 Caspar NVwZ 2010, 1451.
14 Weichert VuR 2009, 325.
14
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AnwBl 4 / 2011

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