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Epson NPD4746-00 Benutzerhandbuch Seite 64

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Mitteilungen
Leumundszeugnisse von Berufspraktikern gestützte Nach-
weis besonderer theoretischer Kenntnisse, der von immerhin
37 Prozent der Fachanwälte, die keinen Fachanwaltslehrgang
besucht haben, geführt worden ist. In einem solchen Fall
werden der Sache nach weit überdurchschnittliche prakti-
sche Erfahrungen angeführt, die den an sich vorgeschriebe-
nen förmlichen Erwerb theoretischer Kenntnisse substituie-
ren sollen. Auch wenn sich aus besonders umfangreichen
praktischen Erfahrungen zwangsläufig auch theoretische
Kenntnisse gewinnen lassen, stehen die beiden materiellen
Voraussetzungen der Titelverleihung an sich nicht in einem
Alternativitätsverhältnis in dem Sinne, dass durch „überobli-
gatorisches" Erfüllen der einen auf die andere Anforderun-
gen verzichtet werden könnte. Letztlich wählen die Rechts-
anwaltskammern in diesem Punkt offensichtlich eine
pragmatische Lösung, die insbesondere das Problem adres-
siert, dass bei Einführung neuer Fachanwaltschaften stets
eine Gruppe besonders erfahrener und etablierter Rechts-
anwälte existiert, die im Fachgebiet führend sind und denen
einerseits der Besuch eines Lehrgangs nicht zugemutet wird,
die andererseits aber keine lehrende oder publizistische Tä-
tigkeit nachweisen können.
2. Differenzierende Betrachtung
Eine nach den verschiedenen Fachanwaltschaften differen-
zierende Betrachtung (vgl. Abb. 2) der Ergebnisse zeigt, dass
Fachanwälte für Steuerrecht, Agrarrecht, Verwaltungsrecht,
Informationstechnologie-, Urheber- und Medienrecht, Trans-
port- und Speditionsrecht sowie Insolvenzrecht den eigenen
Angaben zufolge überdurchschnittlich häufig die Vorausset-
zungen für die Verleihung des Fachanwaltstitels nicht durch
die erfolgreiche Teilnahme an einem Fachanwaltslehrgang,
sondern auf andere Weise erworben haben.
Für das Steuerrecht und das Insolvenzrecht dürften die
Gründe in den Besonderheiten dieser Fachanwaltschaften zu
suchen sein: Spezialisierte Rechtsanwälte erwerben nicht sel-
ten die Berufsqualifikation als Steuerberater, 2009 verfügten
mehr als 2.000 Steuerberater auch über eine Zulassung als
5
Rechtsanwalt
. Die Steuerberaterqualifikation ermöglicht in
der Regel den Nachweis besonderer theoretischer Kenntnisse
im Steuerrecht auch ohne Lehrgangsteilnahme. Die Fach-
anwaltschaft für Insolvenzrecht ist durch die Besonderheit
geprägt, dass aufgrund der Notwendigkeit, eine bestimmte
Anzahl Insolvenzverwaltungen durchgeführt zu haben, re-
gelmäßig nur erfahrenen Insolvenzverwaltern der Nachweis
der notwendigen praktischen Erfahrungen gelingt. Zulas-
sungsbewerber sind daher überdurchschnittlich häufig in
der Lage, ihre theoretischen Kenntnisse auf von den Rechts-
anwaltskammern akzeptierte Alternativen zu einem Lehr-
gangsbesuch zu stützen. Nicht ähnlich offensichtlich ist die
Erklärung für den überdurchschnittlich hohen Anteil der
Qualifikationen ohne Lehrgangsteilnahme im Bereich des
Verwaltungsrechts. Wie bereits angedeutet, dürfte ein Grund
hier – ebenso wie im Steuerrecht – sein, dass sich ein relativ
großer Anteil der Angehörigen dieser Fachanwaltschaften
vor dem Inkrafttreten der FAO qualifiziert hat, als die Anfor-
derungen weniger streng und detailliert ausgestaltet waren.
Gleiches gilt für die Fachanwaltschaften für Arbeits- und So-
zialrecht.
5
Hommerich/Kilian/Dreske (Hrsg.), Statistisches Jahrbuch der Anwaltschaft
2009/2010, Bonn 2010, S. 92.
Fachanwälte: Vielerlei Wege zum Nachweis der theoretischen Kenntnisse, Soldan Institut
Abb. 2: Erwerb der theoretischen Kenntnisse auf „andere Art und Weise" als durch ei-
nen Lehrgang nach Fachanwaltschaft
Überraschend ist, dass die Angehörigen der erst vor we-
nigen Jahren geschaffenen „jungen" Fachanwaltschaften in
sehr unterschiedlichem Maße auf einen Lehrgang verzichten
konnten. Bei ihnen könnte erwartet werden, dass sich zu-
nächst vor allem sehr erfahrene Spezialisten aus dem jeweili-
gen Rechtsgebiet ohne Lehrgangsbesuch qualifizieren, weil
sie häufig auf langjährige publizistische oder dozierende
Tätigkeiten oder generell umfassende Erfahrungen verweisen
und durch diesen „Einmaleffekt" in den ersten Jahren des
Bestehens der Fachanwaltschaft ein recht hoher Anteil der
Fachanwälte ohne Lehrgang qualifiziert wurde. Dass sich
diese Hypothese nicht verifizieren lässt, belegt letztendlich,
dass die Möglichkeit des Verzichts auf einen Lehrgang stark
von den Besonderheiten der einzelnen Fachanwaltschaft
abhängt. So lässt sich auch nicht pauschal feststellen, dass
fachlich breit angelegte Fachanwaltschaften, in denen einem
Fachanwalt in spe die Entwicklung eines geschärften fachli-
chen Profils durch Publikationen, Vorträge oder enge Kon-
takte zu Richtern oder Staatsanwälten schwerer fällt als auf
einem sehr engen Fachgebiet, in geringerem Maße einen
alternativen Nachweis besonderer theoretischer Kenntnisse
ermöglichen.
Soldan Institut für Anwaltmanagement
Soldan Institut für Anwaltmanagement
Prof. Dr. Christoph Hommerich und Rechtsanwalt Dr. Matthias Kilian sind Direktoren des
Soldan Instituts für Anwaltmanagement.
Informationen zum Soldan Institut für Anwaltmanagement unter www.soldaninstitut.de.
Sie erreichen die Autoren unter der E-Mail-Adresse autor@anwaltsblatt.de.
287
AnwBl 4 / 2011

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