10 Technischer Anhang
10.5.3.5 End-To-End (E2E) oder Peer-To-Peer (P2P) Delay Messungen
Zusätzlich zum Empfang der SYNC/FOLLOWUP Pakete, muss ein Slave auch in der Lage sein, die Paket-
laufzeit vom Master zum Slave zu bestimmen, um den Offset zur Masteruhr korrekt berechnen zu können. Dieses
„Delay Measurement" wird vom Slave in einem bestimmten Interval durchgeführt. Eine Laufzeitmessung wird
durchgeführt, indem der Slave ein sogenanntes DELAY_REQUEST Paket zum Master sendet und sich die Zeit
der Aussendung dieses Pakets merkt. Der Master nimmt dann einen Zeitstempel beim Empfang dieses Pakets
und sendet diesen Zeitstempel in einem DELAY_RESPONSE Paket an den Slave zurück.
IEEE 1588-2008 bietet zwei verschiedene Mechanismen zur Durchführung der Laufzeitmessung an.
Ein Slave kann entweder die Gesamtlaufzeit zum Master bestimmten, dies wird dann End-to-End Mechanismus
(oder kurz E2E) genannt. Alternativ kann ein PTP Gerät nur die Laufzeit zu seinem direkten Nachbarknoten im
Netzwerk messen, wobei der Nachbarknoten sowohl ein PTP Endgerät wie auch ein Switch darstellen kann.
Dieses Verfahren wird Peer-to-Peer Mechanismus (oder kurz P2P) genannt. Beim P2P Verfahren werden die
einzelnen Laufzeiten zwischen den Netzwerkknoten akkumuliert und dem durchlaufenden Sync Paket vom Mas-
ter als Korrekturwert mitgegeben, so dass am Ende der Slave die Gesamtlaufzeit ermitteln kann.
Der Vorteil des P2P Verfahrens ist die deutliche Reduktion von möglichen Synchronisationsungenauigkeit-
en aufgrund von plötzlichen Topologieänderungen innerhalb des Netzwerks.
Beispiel: In einer Ringtopologie wird die Paketlaufzeit verändert, wenn der Ring an einer Stelle aufbricht,
da der Netzwerkverkehr unter Umständen in eine andere Richtung umgeleitet wird. Ein PTP Slave, der die
Paketlaufzeit mit Hilfe des E2E Verfahrens ermittelt, würde in diesem Fall von einer falschen Paketlaufzeit
ausgehen bis er die nächste Laufzeitmessung durchführt. Dieses Problem würde in einer P2P Infrastruktur nicht
passieren, da zum Zeitpunkt der Topologieänderung bereits alle Laufzeiten zwischen den Links bekannt sind und
ein Sync Paket vom Master bereits beim ersten Durchlauf über den neuen Netzwerkpfad mit den entsprechen-
den Korrekturwerten versehen wird.
Der Nachteil des P2P Verfahrens besteht darin, das alle beteiligten Netzwerkknoten, inklusive aller Switche
zwischen Master und Slave, das P2P Verfahren beherrschen müssen. Ein Switch/Hub ohne P2P Unterstützung
würde entweder alle empfangenen PDELAY_REQUEST Pakete an alle Ports weiterleiten und die Genauigkeit
dadurch erheblich verschlechtern bzw. unbrauchbar machen oder im schlechtesten Fall alle PDELAY Pakete
blocken und überhaupt keine Laufzeitmessung ermöglichen.
Daher bleibt das E2E Verfahren die einzige Wahl für die Verwendung von PTP über nicht PTPv2-kompatible
Switche.
10.5.3.6 Einstellungsempfehlungen
Meinberg empfiehlt als Standardeinstellung die Einstellungen Layer 3, Multicast, Two-Step und End-to-End
Verfahren, falls dies in der geplanten Netzwerkumgebung möglich ist. Diese Einstellungen ermöglichen die best-
mögliche Kompatibilität und reduzieren die Wahrscheinlichkeit das Probleme bei der Interoperabilität zwischen
Geräten verschiedener Hersteller auftreten können.
microSync
Datum: 11. August 2022
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