Auswahlkriterien
Jedes Linearführungssystem hat charakteristische Eigen-
schaften, die sie für bestimmte Lagerungen besonders ge-
eignet machen. Allgemeingültige Regeln für die Wahl der
Führungsart lassen sich jedoch nicht aufstellen, da meist
mehrere Faktoren berücksichtigt und gegeneinander abge-
wogen werden müssen. Die folgenden Hinweise sollen zei-
gen, welche besonderen Eigenschaften die einzelnen
Führungssysteme aufweisen, und die Entscheidung für die
eine oder andere Lagerart erleichtern.
Tragfähigkeit
Die Tragfähigkeit von Linearwälzlagern wird im wesentli-
chen durch den Kontakt zwischen Schiene und Wälzkörper
bestimmt, bei Laufwagensystemen, wo Wälzlager als
Laufrollen Verwendung finden, ist deren Tragfähigkeit meist
ausschlaggebend. Die dynamische Tragzahl richtet sich bei
den zuerst genannten Elementen nach der Anzahl der
Wälzkörper in der Lastzone und deren Position zur Last-
richtung, demgegenüber nimmt die statische Tragzahl nur
Bezug auf den maximal belasteten Wälzkörper.
Bei der Berechnung der dynamischen und statischen
Tragzahl spielt die Anpassung des Wälzkörpers an seine
Laufbahn eine mitentscheidende Rolle, insbesonders das
Verhältnis Laufbahnradius zu Kugeldurchmesser, das man
Schmiegung nennt. Eine Entsprechung beim Einsatz von
Rollen mit Linienberührung ist die sog. Bombierung bzw.
ein logarithmisches Rollenprofil zur Vermeidung bzw. Mini-
mierung von Kantenspannungen im Wälzkontakt. Es hat
sich jedoch gezeigt, daß selbst bei optimaler Gestaltung
der Laufbahnrille im Außenring eines Linearkugellagers nur
eine 35%-ige Erhöhung der dynamischen Tragzahl erreicht
werden kann.
Für normale Anwendungsfälle, bei denen die radiale
Steifigkeit aufgrund von geringen Belastungen nur eine un-
tergeordnete Rolle spielt, wird die geschlossene Bauform
eines Linearkugellagers empfohlen. Das Linearführungssy-
stem wird dabei an den Enden der Präzisionswelle in Wel-
lenböcken unterstützt, die auf dem entsprechenden Ma-
schinengestell aufgeschraubt sind.
Bei höheren Belastungen ist eine Wellenabstützung zu
wählen, die die Führungswelle im gesamten Verfahrbereich
unterstützt, eine nur partielle Abstützung ist die Ausnahme.
Bei diesem Anwendungsfall werden offene Linearkugella-
ger eingesetzt, die im Bereich der Wellenunterstützung
segmentiert sind und möglichst nur in Auflastrichtung zu
belasten sind.
Profilschienen-Führungen sind im weitesten Sinne eine
Weiterentwicklung der unterstützten Linearkugellager-
Führung. Die Laufbahnen der vier Kugelumläufe sind im
Gehäuse integriert, das gleichzeitig mit Befestigungsboh-
rungen zur Montage von Maschinenteilen ausgerüstet ist.
Die Profilschiene weist vier geschliffene Laufbahnen auf,
die mit einer Schmiegung zur Laufkugel profiliert sind. Mit-
tels Befestigungsbohrungen, die in einem konstanten Ab-
stand in die Profilschiene eingebracht sind, kann diese di-
rekt auf das Maschinengestell aufgeschraubt werden. Auf-
grund der größeren Kugeldurchmesser und der größeren
Anzahl belasteter Kugeln sind die Tragzahlen dieser
Führungssysteme höher als die von baugleichen Linearku-
gellager-Führungen.
Wie bei Linearkugellager- und Profilschienenführungen
werden sowohl Einzel-Laufwagen als auch Kombinationen
mit 2 Laufwagen auf einer Schiene als auch 4 Laufwagen
und 2 Führungsschienen verwendet.
Präzisions-Schienenführungen sind Genauigkeitswälzla-
ger für begrenzte Verfahrwege, die für den Einsatz in allen
Arten von Werkzeugmaschinen, genauen Handhabungs-
und Positioniersystemen sowie Meß- und Prüfgeräten ge-
eignet sind. Sie stehen in verschiedenen Größen und Stan-
dardlängen zur Verfügung und können, dem jeweiligen An-
wendungsfall angepaßt, mit Kugel-, Rollen- oder Nadelrol-
leneinheiten ausgerüstet werden. Sie zeichnen sich durch
hohe Steifigkeiten und damit verbundenen hohen Trag-
fähigkeiten bei geringen Einbauquerschnitten aus.
Einbauquerschnitt und Platzbedarf
Neben der Tragfähigkeit von Linearführungssystemen wird
der erforderliche Platzbedarf beim Einbau sehr stark be-
wertet. Um den Zusammenhang zwischen Tragzahl und
Einbauhöhe zu verdeutlichen, wurde eine Linearachse mit
500 mm Verfahrweg als Grundlage für die Darstellung in
Abb. 1.2 gewählt. Unter dieser Voraussetzung ist es mög-
lich, auch Präzisions-Schienenführungen in diese Überle-
gungen einzubeziehen. Hier ist zu erkennen, daß die Präzi-
sions-Schienenführungen mit Nadelrollen-, bzw. Kreuzrol-
leneinheiten die höchste Tragfähigkeit bei kleinsten Ein-
bauhöhen aufweisen. Profilschienenführungen und Präzisi-
ons-Schienenführungen mit Kugeleinheiten zeigen nahezu
gleiches Verhalten. Den größten Platzbedarf haben Linear-
kugellager-Führungen.
Abb.1.2
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