6.6. Anmerkungen zu Werkstoffen
Vor Beginn von Schweißarbeiten ist es ratsam, die Verarbeitungs-
empfehlungen der Stahlhersteller und Schweißzusatzwerkstoffher-
steller sowie die jeweiligen Normen und Regelwerke zu beachten. Die
DIN EN 1011-3 gibt Empfehlungen zum Schweißen und Nachbehan-
deln.
Folgende Aufstellung soll nur erste Einblicke und Anregungen bei der
Bearbeitung der unterschiedlichen Werkstoffe darstellen.
6.6.1. Un-/niedriglegierte Stähle
Der wohl bekannteste Effekt beim Schweißen dieser Stähle ist, daß
Aufgrund von Erwärmen und Abkühlen des Werkstoffs während des
Schweißprozesses Material Aufhärtungen und Schrumpfungen ent-
stehen, welche bei unsachgemäßer Behandlung zu Sprödbrüchen
oder Rissen führen können.
➮ siehe dazu Kapitel 6.11.
„Durch Schweißung bedingte Distorsion"
6.6.2. Nichtrostende Stähle (Edelstahl)
Mit wenigen Einschränkungen können austenitische und ferritische
nichtrostende Stähle sowohl mit MMA (E-Hand) als auch im Schutz-
gasschweißverfahren (MAG/WIG) gefügt werden. Bei nichtrosten-
den Stählen wird fast ausschließlich das Metall-Aktivgas-Schweißen
(MAG) angewendet, da sich im Vergleich zum WIG-Schweißen hohe
Abschmelzleistungen erreichen lassen. Verwendet werden sowohl
Massiv- als auch Fülldrahtelektroden.
Bei der Vorbereitung nichtrostender Stähle (Edelstahl) gilt zusätzlich
zur normalen Reinigung/Entfettung folgendes:
- Schleifen nur mit kunstharzgebundene Korundscheiben (Fe- und
S-frei).
- Mechanische Reinigung mit Bürsten aus rostfreiem Stahl.
In beiden Fällen darf das Werkzeug nicht vorher für die Bearbeitung
un- und niedriglegierter Stähle benutzt worden sein! Nach dem
Schweißen ist das Werkstück von Schlackenresten, Schweißsprit-
zern, Anlauffarben oder anderen Oxidationsprodukten zu reinigen. Je
feiner und glatter die Oberfläche, desto größer ist die Korrosionsbe-
ständigkeit.
Geschweißt wird mit Gleichstrom, Drahtelektrode am Pluspol. Für
Massivdrahtelektroden wird als Schutzgas üblicherweise Argon mit
1 bis 3% Sauerstoff oder mit max. 2,5% CO2 verwendet (höhere CO2-
Gehalte können zu einer Aufkohlung des Schweißgutes führen und
vermindern dadurch die Korrosionsbeständigkeit).
In Wannen- und Horizontalposition wird in der Regel mit dem Sprüh-
lichtbogen gearbeitet, der bei geringer Spritzerneigung einen kurz-
schlußfreien, feinsttropfigen Werkstoffübergang ergibt. Der Kurzlicht-
bogen wird angewendet, wenn geringes Wärmeeinbringen gefordert
ist, z.B. für dünne Bleche, Wurzellagen und in Zwangspositionen.
Beim Schweißen nichtrostender austenitischer Stähle sind gegen-
über den un- und niedriglegierten Stählen die unterschiedlichen phy-
sikalischen Eigenschaften zu beachten:
- der höhere Wärmeausdehnungskoeffizient,
- die niedrigere Wärmeleitfähigkeit,
- der größere elektrische Widerstand.
Diese Unterschiede beeinflussen die Wahl des Schweißverfahrens
und die Ausführung der Schweißarbeiten. Der relativ hohe Wärme-
ausdehnungskoeffizient und die niedrige Wärmeleitfähigkeit austeni-
tischer Stähle wirken sich besonders auf den Verzug beim Schweißen
aus.
Abhilfemaßnahmen sind:
- Wärmeabführung durch Kupferschiene
- Schweißen mit niedriger Streckenenergie
- Schweißen in Vorrichtungen
- Heften in kürzeren Abständen
Beim Heften und Schweißen wird davon abgeraten, die Elektrode
außerhalb des Nahtbereichs zu zünden, da die entstehenden Zünd-
stellen die Korrosionsbeständigkeit dort herabsetzen können. Bei den
vollaustenitischen Stählen sollten die Heftstellen beschliffen und ggf.
von Endkraterrissen befreit werden.
Beim Schweißen einseitig zugänglicher Nähte ist die Wurzellage vor
Oxidation zu schützen. Dazu verwendet man inerte (Ar/He) Schutz-
gase zur Gegenspülung.
DE
6.6.3. Aluminium
Grundsätzlich führen hohe Wärmeleitfähigkeit und Ausdehnungsko-
effizient zu einem stärkeren Verzug beim Schweißen von Aluminium.
Dies ist in Konstruktion und im Vorrichtungsbau zu berücksichtigen.
Aluminium bildet an Atmosphäre sofort eine Oxidschicht im Wesentli-
chen aus amorphem Al
O
. Die Dicke der Oxidschicht nimmt mit Zeit,
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Temperatur und Sauerstoffangebot zu, hat einen Schmelzpunkt von
ca. 2.000°C (im Gegensatz zum Schmelzpunkt des Grundmaterials
von 550-660°C) und muß jedenfalls kurz vor dem Schweißen entfernt
werden (diese bildet sich zwar sofort wieder - ca.5ms - ist jedoch sehr
dünn und durch den Lichtbogen leicht aufzubrechen).
Zum Aufbrechen der Oxidschicht (Vorbereitung) können folgende
Werkzeuge verwendet werden:
- Schleifen nur mit keramisch gebundenen Scheiben.
- Mechanische Reinigung mit Bürsten aus rostfreiem Stahl.
- Beizen mit 10-20% Ätznatron-Lösung (Natriumhydroxid) für 30-60s
bei 60-80°C. Anschließend in Wasser spülen und in 20% Salpeter-
säure neutralisieren. Danach wiederum spülen und trocknen.
Als Zusatzwerkstoff kann für fast alle Aluminiumlegierungen, ausge-
nommen Reinaluminium, Werkstoff 3.356 (AlMg5) verwendet werden.
Als Schutzgas kommen ausschließlich inerte Gase wie Argon (Ar),
Helium (He) und deren Mixturen zum Einsatz. Neben der eigentlichen
Schutzfunktion, kann über die Zusammensetzung der Gase, Einfluss
auf das Einbrandprofil, das Entgasungsverhalten, aber auch auf die
Lichtbogenstabilität, also auf das Schweißverhalten, genommen wer-
den.
Die hohe Dichte von Argon schirmt das Schweißbad gut ab, der
Lichtbogen zündet leicht.
Bei Helium ist aufgrund der geringen Dichte die Abschirmwirkung
eher gering (daher hoher Durchfluss notwendig, ca. Faktor 3 zu Ar-
gon). Die sehr gute Wärmeleitfähigkeit und die höhere Ionisations-
spannung wirken sich jedoch sehr Vorteilhaft auf das Schweißen mit
Aluminium aus.
Mögliche Schweißverfahren:
- WIG-DC (+)
Schweißen von Aluminium mit (+, POSITIVER) Polarität, da bei ne-
gativer Polarität die Energie des Lichtbogens nicht ausreicht, um
die Oxidschicht aufzubrechen.
Nachteil: unruhiger Lichtbogen und die Wolframelektrode ver-
schleißt aufgrund von Überhitzung schnell.
- MIG (+)
Der Lichtbogen sollte so kurz wie möglich, der Brennerwinkel 10-
20° stechend sein. Gasfluß muß höher als beim Stahlschweißen
eingestellt werden. Es sollte nach Möglichkeit eine Badsicherung
verwendet werden.
Drahtvorschubrollen müssen für Aluminiumdraht geeignet sein (U-
Profil). Bei den weichen AlSi-Legierungen sollte eine Schlauchlän-
ge von 3m nicht überschritten werden.
Das Auftreten von Kondensation während des Schweißvorgangs ist
unbedingt zu vermeiden!
Das Schweißen von anodisiertem (eloxiertem) Aluminium ist nicht
möglich, da die Energie des Lichtbogens nicht ausreicht die doppelte
Oberfläche aufzubrechen.
6.6.4. Kupferlegierungen
Aufgrund der hohen Wärmeleitfähigkeit dieses Werkstoffs muss beim
Schweißen unbedingt Vor- und Nachgewärmt werden.
Es gibt eine Vielzahl von Werkstoffen, unzählige, übliche und
unübliche Legierungen. Fragen Sie Ihren Stahllieferanten nach
Werkstoffeigenschaften und Bearbeitungshinweise für das
Schweißen. Sofern die Materialzusammensetzung bekannt ist,
können Ihnen auch Elektrodenlieferanten Auskunft über passen-
de Zusatzwerkstoffe und Verarbeitungshinweise geben.
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