SEG Electronics GmbH
Handbuch MRN3
4.6
Vektorsprungüberwachung (MRN3-1)
Die Vektorsprungüberwachung schützt netzparallelarbeitende Synchrongeneratoren durch schnelle
Abschaltung bei Netzstörungen. Bei Netz-KU-Schaltungen sind diese Generatoren besonders
gefährdet. Die nach ca. 300 ms wiederkehrende Netzspannung könnte den Generator in
asynchroner Phasenlage treffen. Auch bei länger andauernden Netzstörungen ist eine schnelle
Trennung erforderlich. Grundsätzlich sind zwei Anwendungsfälle zu unterscheiden:
a) Nur Netzparallelbetrieb, kein Inselbetrieb:
Hier schützt die Vektorsprungüberwachung den Generator durch Ausschalten des Generator-
schalters bei Netzfehlern.
b) Netzparallel und Inselbetrieb:
Hier wirkt die Vektorsprungüberwachung auf den Netzschalter. Dadurch wird gewährleistet, dass
das Aggregat genau dann nicht blockiert wird, wenn es als Notstromaggregat gefordert ist.
Eine sehr schnelle Erfassung von Netzausfällen ist bei netzparallelarbeitenden
Synchrongeneratoren schwierig. Netzspannungswächter sind ungeeignet, denn der
Synchrongenerator sowie die Verbraucherimpedanzen stützen die abklingende Netzspannung.
Aus diesem Grund sinkt die Spannung erst nach mehreren 100 ms unter die Ansprechschwelle
des Spannungswächters. Daher ist eine sichere Erfassung von Kurzunterbrechungen der
Netzspannung mit Netzspannungswächtern nicht möglich.
Auch Frequenzrelais sind teilweise ungeeignet, denn nur ein hochbelasteter Generator sinkt inner-
halb von 100 ms messbar in der Drehzahl. Stromrelais sprechen erst durch die Existenz kurz-
schlussartiger Ströme an, können jedoch deren Entstehung nicht vermeiden.
Leistungsänderungswächter sprechen innerhalb von 200 ms an, verhindern aber auch nicht die auf
Kurzschlussleistung ansteigende Leistungsänderung. Da auch Lastsprünge durch plötzliche
Belastungen des Generators auftreten können, ist eine Anwendung von
Leistungsänderungswächtern ebenfalls als problematisch anzusehen.
Ohne vorstehend benannte Einschränkungen erfasst das MRN3-1 die beschriebenen Netzausfälle
innerhalb von 60 ms, denn es wurde speziell für solche Fälle entwickelt, wo die äußeren Bedingun-
gen eine sehr schnelle Trennung vom Netz erfordern.
Addiert man die Schaltereigenzeit bzw. die Ausschaltzeit eines Schützes hinzu, so bleibt die Ge-
samt-Ausschaltzeit unter 150 ms. Voraussetzung für das Auslösen des Generator/Netzwächters ist
eine Leistungsänderung um mindestens 15 - 20% der Nenn last. Langsame Änderungen der
Systemfrequenzen, z.B. durch Regelvorgänge (Verstellen des Drehzahlreglers), führen nicht zur
Auslösung.
Kurzschlüsse innerhalb des Netzes können auch zur Auslösung führen, da auch hier ein Sprung
des Spannungsvektors größer als der Einstellwert auftreten kann. Die Größe des
Spannungsvektorsprungs ist abhängig von der Entfernung des Kurzschlussortes vom Generator.
Diese Funktion bietet auch für das EVU den Vorteil, dass die Netzkurzschlussleistung und somit
die einspeisende Energie auf den Kurzschluss von der Eigenerzeugungsanlage nicht unnötig
erhöht wird.
Bei sehr niedriger Eingangsspannung lässt sich die Vektorsprungmessung blockieren (siehe
Kapitel 5.4.7), um ein mögliches Fehlansprechen zu verhindern. Hierbei wirkt die
Unterspannungsblockade schneller als die Vektorsprungauslösung. Ein Phasenausfall führt zur
Blockierung der Vektorsprungauslösung, so dass ein Wandlerfehler (z. B. Sicherungsausfall der
Spannungswandler) nicht zur Fehlauslösung führt. Beim Einschalten der Hilfsspannung oder der
Messspannung wird die Vektorsprungüberwachung für ca. 5 Sekunden blockiert (Siehe auch
Kapitel 4.8).
Anmerkung:
Um Störspannungseinflüsse z. B. von Schützen oder Relais zu vermeiden, die eventuell zu Über-
funktionen führen, ist das MRN3-1 mit einer separaten Zuleitung an die Sammelschiene anzu-
schließen.
16
DOK-TD-MRN3, Rev. C