Einleitung
Mit und ohne Lupe, Das Ende der Hörermüdung
Das Arbeiten mit der Lupe hat seine Stärken, wenn es gilt, Rauschen,
Klicks oder Knackser zu entdecken, Schnitte zu beurteilen oder klangli-
che Probleme einzelner Tracks zu beurteilen.
Auf Lautsprechern fallen solche Analysen schwerer, da die genann-
ten Probleme einfach weniger aufallen – man arbeitet also ohne Lupe.
Dafür genießt die Lautsprecher-Abhöre den Vorteil der räumlichen
Balance in einer (aufstellungsabhängig definierbaren) Stereobreite,
die uns die Illusion einer akustischen Bühne verschaffen kann.
Die herkömmliche Kopfhörerwiedergabe erzeugt dagegen eine
180-Grad-Stereobreite mitten durch den Kopf – und genau daher gilt
das Mischen über Kopfhörer als sehr problematisch bis unmöglich.
Ein wichtiger Aspekt ist dabei die unnatürliche Räumlichkeit durch die
komplette Trennung der Kanäle, die beim natürlichen Hören und auch
bei der Stereowiedergabe auf Lautsprechern nicht existiert. Schwer zu
beurteilen sind vor allem die klangliche Balance, das Stereobild und
die Lautheit der Phantom-Mitte. Panorama-Einstellungen und damit
verbundene EQ-Einstellungen, die auf Kopfhörern eingestellt sind,
funktionieren auf Lautsprechern meist nicht.
Der zunächst oft beeindruckende „Super-Stereo-Effekt" bei Kopfhörern
wirkt auf die Dauer ermüdend. Beim Hören über Lautsprecher wird
die Klangbühne vorne empfunden, wohingegen beim Hören über
Kopfhörer die Bühne links und rechts erscheint, wodurch die Vorne-
Hinten-Informationen verloren gehen.
Das Ende der Hörermüdung
Neben den unnatürlichen Räumlichkeitseindrücken führen weitere
Nachteile zu vorzeitiger Hörermüdung beim Hören und Mischen über
Kopfhörer.
Zunächst of der Kopfhörer selbst, der vielleicht nicht allzu komforta-
bel zu tragen ist. Ein minderwertiger Kopfhörerverstärker ist oft ein
weiterer, gewichtiger Grund für vorzeitige Hörermüdung. In den heu-
tigen Kopfhörerverstärkern kommt fast ausnahmslos vergleichsweise
anspruchslose IC-Technik zum Einsatz. Im günstigen Fall arbeiten sie
mit einer symmetrischen Spannungsversorgung von +/-15V bis +/-18V,
in weniger günstigen Fällen sogar nur mit einer unsymmetrischen
Spannung von 9V oder 12V aus externen Steckernetzteilen.
Nun verhält sich die Spannung zur Leistungsfähigkeit einer elektri-
schen Schaltung aber etwa so wie der Hubraum zur Leistungsfähigkeit
eines Verbrennungsmotors: Hubraum ist durch nichts zu ersetzen –
außer durch mehr Hubraum.
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Phonitor