Der erste Motorflug
Im Juni 1903 hatten Orville und Wilbur Wright die Arbeiten
an ihrem motorisierten Flugapparat beendet. Der
Flugapparat hatte eine Spannweite von 12,29 Meter, eine
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Flächengröße von 47,5 m
Flugapparats bauten sie in Dayton, Ohio und transportierten
diese dann zum endgültigen Zusammenbau nach Kitty
Hawk.
Orville und Wilbur brachen im späten September nach Kitty
Hawk, North Carolina, auf und erreichten ihr Lager nach
einer Reise von zwei Tagen. Während Sie auf die Ankunft
der Teile ihres Flugapparats warteten, reparierten sie den
alten Hangar, den sie seit Jahren benutzten und bauten eine
neue Werkstatt. Nach Ankunft der Teile brauchten die
Brüder drei Wochen, um ihren Flugapparat
zusammenzubauen. Parallel dazu unternahmen sie mit
ihrem Gleiter von 1902 weitere Gleitversuche, um ihre
Fähigkeiten in der Steuerung eines Flugapparats zu
verbessern.
Trotz des kalten und stürmigen Wetters arbeiteten sie
unablässig an ihrem Flyer und beendeten den
Zusammenbau in der ersten Novemberwoche. Am 5.
November testeten sie den Motor. Die Maschine lief sehr rau
und arbeitete nicht so wie erwartet. Die Vibrationen waren
sehr stark und beschädigten die Propellerwellen. Sie
schickten die Wellen zurück nach Dayton zur Reparatur. Ihr
Maschinist Charlie Taylor baute sie neu und schickte sie
zurück nach Kitty Hawk, wo sie zwei Wochen später
ankamen.
Nachdem sie die Wellen wieder montiert hatten, wurde
erneut ein Probelauf durchgeführt. Wieder gab es Probleme
mit einer gebrochenen Propellerwelle. Sie bauten nochmals
die Wellen aus und Orville ging zurück nach Dayton, um
neue Wellen aus stabilem Federstahl zu bauen. Am 11.
Dezember kehrte er in ihr Lager zurück.
Durch die Reparaturen hatten sie jede Menge Zeit verloren
und waren weit hinter ihrem Zeitplan zurück. Sie
entschlossen, ihren Flyer nicht im Gleitflug ohne Antrieb zu
testen. Sie wollten die Tests sofort mit laufender Maschine
beginnen.
Der Flyer war am 12. Dezember flugbereit, aber der Wind
war zu schwach, um abheben zu können. Da sie ihren Vater
versprochen hatten, nicht am Sabbat zu fliegen, wollten sie
an diesem Sonntag keinen motorisierten Flug unternehmen.
Der erste Versuch eines motorisierten Flugs sollte am
folgenden Tag, am Montag dem 14. Dezember, stattfinden.
Mit der Hilfe der Mannschaft der Kill Devil Hills
Lebensrettung brachten sie den Flugapparat zur leichten
Gefällstrecke, wo er abheben sollte. Sie warfen eine Münze,
um zu entscheiden, wer zuerst fliegen sollte. Wilbur gewann,
kletterte auf den Flyer und legte sich in Bauchlage hin.
Anfangs etwas zögerlich begann sich das Gebilde auf seiner
Schiene abwärts zu bewegen und hob dann teilweise von
der Führungsschiene ab. Als der Flyer die Schiene verließ,
©Krick‐Modelltechnik, Knittlingen
und wog 274,5 kg. Die Teile des
schätzte Wilbur die Wirkung des Höhenruders falsch ein. Der
Flyer stieg ein paar Fuß, die Strömung riss ab und stürzte am
Fuß des Hügels zu Boden. Das Seitenruder des Flyers war
leicht beschädigt. Die Brüder fühlten sich ermutigt, der Flyer
hatte den Boden aus eigener Kraft verlassen. Beide waren
sich sicher: der Flugapparat würde fliegen.
Die Reparatur der Schäden am Seitenruder nahm zwei Tage in
Anspruch. Die Maschine war am Nachmittag des 16.
Dezembers wieder flugbereit. Die Morgendämmerung des 17.
Dezembers brach mit starkem Wind aus Norden und
peitschendem Regen an. Der Regen hörte am frühen Morgen
auf, aber der Wind blies weiter. Wilbur schätzte den Wind auf
mindestens 25 Meilen / Stunde. Die Brüder warteten bis nach
10 Uhr und hofften, dass der Wind etwas nachlassen würde.
Sie entschlossen weiterzumachen, falls er es nicht tun sollte.
Sie baten wieder um Hilfe der Mannschaft der
Lebensrettungsstation, um den Flyer zum Versuchsgelände
auf dem Hügel bringen zu können.
Da Wilbur am Montag flog, war es an Orville, den Flug zu
versuchen. Bevor er in den Flyer kletterte, setzte er seine
Kamera auf ein Stativ und stellte sie auf den Ort ein, wo er
dachte, dass er abheben würde. Er bat J.T. Daniels von der
Lebensrettungsstation den Photographen zu machen. Als sie
die Maschine des Flyers starteten, bewegte sie sich gegen den
Wind die Schiene hinunter und hob schnell ab. Orville
unterschätzte ebenso die Wirkung des Höhenruders. Der Flyer
ging mit der Nase für 12 Geschichte machende Sekunden
hoch und runter und landete dann heil, mit Ausnahme einer
beschädigten Kufe. Er flog 37 m, nachdem er das Ende der
Schiene verlassen hatte. Zum ersten Mal in der Geschichte hat
ein mechanisch angetriebener Flugapparat unter
Pilotenkontrolle vom Boden abgehoben, flog durch die Luft und
landete wieder auf der gleichen Höhe, aus der er gestartet war.
In diesen 12 Sekunden war der Motorflug geboren.
Nicht zufrieden, wagten die Brüder einen neuen Flug. Sie
reparierten die gebrochene Kufe und um ca. 11.20 Uhr machte
Wilbur den zweiten Flug über 53 Meter.
Mit Hilfe der anwesenden Mannschaft brachten sie den Flyer
zurück auf die Schiene und wagten erneut einen Versuch.
Zwanzig Minuten später machte Orville den dritten Flug und
landete ca. 61 Meter hinter dem Startpunkt.
Der vierte Flug mit Wilbur am Steuer fand um die Mittagszeit
statt. Nach ungefähr 90 Meter gewann Wilbur die Kontrolle
über den Flugapparat und hielt ziemlich gleichmäßig seinen
Kurs. Als er so um die 240 Meter geflogen war, stieg der Flyer
wieder vorne auf und stürzte abrupt auf die Erde. Der vordere
Seitenruderrahmen war zerbrochen, der Hauptrahmen war
aber noch in guter Verfassung. Er hatte 257 Meter in 59
Sekunden zurückgelegt.
Nachdem die Mannschaft das Seitenruder zur Reparatur
entfernt hatte, packte eine plötzliche Windböe die Tragflächen
und begann den Flyer umzuwerfen. Orville, Wilbur und John T.
Daniels versuchten noch den Überschlag abzuwenden, was
ihnen aber nicht gelang. Glücklicherweise wurde niemand
ernsthaft verletzt, aber der Flyer wurde schwer beschädigt.
Fast alle Enden der Rippen und Streben waren gebrochen und
die Maschinenfüße waren abgebrochen. Der Flyer hatte einen
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