Herunterladen Inhalt Inhalt Diese Seite drucken

Kaiser Kamera CamFlex Handbuch Seite 56

Die neue abbiegbare kaera
Inhaltsverzeichnis

Werbung

Anwenderberichte
Teile der Innenstadt und die Trasse des Kanals liegen in der
Heilquellen-Schutzzone, die qualitativ der Wasserschutzzone
II entspricht. Hier sind geschädigte Mischwasserkanäle schon
von daher ein unbedingter Sanierungsfall. Zu den Anliegern
gehören neben dem Sitz des hessischen Ministerpräsidenten
unter anderem einige Hotels sowie exquisite Geschäfte und
Restaurationen. In den Planungen der von den Entsorgungs-
betrieben der Landeshauptstadt Wiebaden mit einem Sanie-
rungskonzept beauftragten Unger Ingenieure GmbH, Darm-
stadt, hatten die Kanäle im Sanierungsabschnitt Kranzplatz/
Schellenbergpassage daher allerhöchste Bedeutung.
Angesichts der ungewöhnlichen Randbedingungen gingen die
Planer bei der Verfahrensauswahl hier besonders akribisch
vor. Eine offene Erneuerung des 1888 erbauten Kanals muss-
te dringend vermieden werden. Da die Bauzeiten und der
Baustellenaufwand unbedingt minimiert werden sollten, führte
technologisch kein Weg am Schlauchlining vorbei. Aber: Mit
welchem System? Auch hier gaben die Randbedingungen be-
reits eine Grundsatzentscheidung vor: Bei Bodentemperaturen
von über 55° C sind thermisch härtende Verfahrenstechniken
in ihrer Anwendung problematisch und kamen nicht in Frage.
Arbeitseinsatz unter Saunabedingungen bei über 50°C Bodentemperatur.
Bei der Verfahrens- und Werkstoffauswahl orientierten sich die
Planer im weiteren auch an den Vorgaben der DIN 13380
„Allgemeine Anforderungen an Bauteile für die Renovierung
und Reparatur von Abwasserleitungen und -kanälen außer-
halb von Gebäuden" - um allerdings sehr bald festzustellen,
dass die vor Ort herrschenden Bedingungen weit jenseits aller
im technischen Regelwerk vorgesehenen Sachverhalte lagen.
Für die wesentlichen Faktoren
Temperaturverhalten
Widerstandsfähigkeit gegen Korrosion
Widerstandsfähigkeit gegen Abrieb und
Langzeitverhalten
musste man daher eigene, über die Vorgaben der Norm deut-
lich hinaus gehende Anforderungen definieren. Die Beanspru-
chung der Abwasserkanäle innerhalb des Thermalgebiets ist
eher vergleichbar mit Ansprüchen aus der Industrie, und das
nicht nur in punkto thermischer Belastungen. Hinzu kommt die
hohe Neigung des Wassers, bei Luftkontakt Feststoffe als Sinter
auszufällen. Zu deren regelmäßiger Entfernung und damit zur
Vermeidung mittelfristig sehr fester und starker Ablagerung in
56
| RO-KA-TECH Journal 01 / 009
den durch Korrosion und Verschleiß schon rauen Betonkanä-
len sind Kanalreinigungen in deutlich verkürzten Zeiträumen
erforderlich. Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Planung wa-
ren die sehr speziellen Arbeits- und Einsatzbedingungen für
Mensch, Material und Gerätschaften im Untergrund. In Ab-
wägung aller Aspekte entschied man sich dafür, eine Sanie-
rung mit lichthärtenden GFK-Linern auszuschreiben. Der Dar-
stellung erweiterter Anforderungen galt bei der Erstellung der
Leistungstexte besonderes Augenmerk. Für das Leistungspaket
erhielt letztlich die Swietelsky-Faber GmbH, Niederlassung
Alzey, den Zuschlag.
Strikt einzuhaltender Terminrahmen für die Bauausführung
der 19 Meter Schlauchlining vor der hessischen Staatskanz-
lei waren die zweiwöchigen Herbstferien. Bevor man mit dem
eigentlichen Schlauchlining beginnen konnte, standen aber
einige wichtige Vorarbeiten an. Einerseits musste eine Was-
serhaltung eingerichtet werden, deren Pumpen der zu erwar-
tenden Abwasserfracht nicht nur quantitativ gewachsen waren,
sondern vor allem ihre extremen Temperaturen und Inhalts-
stoffe vertragen mussten. Das galt im übrigen auch für die
nicht abstellbaren Zuläufe aus umliegenden Quellfassungen
in den zu sanierenden Mischwasserkanal, für die jeweils ge-
eignete Wasserhaltungen aufzubauen und sicher zu betreiben
waren. Reservepumpen mussten dabei zur Sicherheit bereit
gehalten werden.
Grundvoraussetzung für die eigentliche Sanierung war na-
türlich, dass die starken mineralischen Sinterablagerungen in
den Eiprofilen restlos entfernt werden mussten. Schnell zeigte
sich, dass Fräsroboter sich an der Materie die „Zähne", sprich:
Fräswerkzeuge, ausbissen. Eine Entfernung mit dieser Technik
hätte Wochen gedauert. Daher tüftelten die Projektbeteiligten
eine kreative Lösung aus. Diese beruhte grundlegend auf der
Einsicht, dass die Ablagerungen strukturell einen geschichte-
ten Aufbau zeigen der sich zwar nur schwer fräsen, dafür aber
zerspalten lässt. Also befestigte man auf dem schwenkbaren
Kopf eines Sika- Sanierungsroboters eine Hochdruck-Spül-
lanze, welche die Inkrustationen mit einem fokussierten Was-
serstrahl bei bis zu 1400 bar Druck unter Beobachtung und
Steuerung via TV-Monitor zielgerichtet zerkleinerte. 30 bis 40
Meter Tagesleistung waren das Resultat dieses konstruktiven
„Geniestreichs". Das gelöste und zertrümmerte Spülgut wur-
de von einer konventionellen HD-Spüldüse an den nächsten
Schacht abgezogen und entsorgt.
Pünktlich zu Beginn der Herbstferien konnte man die er-
ste Installation im gereinigten Kanal in Angriff nehmen. Bei
Schlauchlining mit lichthärtenden GFK-Linern besteht der Liner
aus einem Glasfaserlaminat, das mit einem photo-reaktiven
Harz getränkt ist.
In diesem Einsatzfall wurde angesichts der extremen Randbe-
dingungen ein Vinylester-Harzsystem gewählt. Der werkseitig
konfektionierte Liner wurde in lichtdichter Verpackung just in
time zur Baustelle gefahren und dort über den Kontrollschacht
in die Haltung eingezogen. Das bedeutete in diesem Falle
härteste Belastungen für den Mitarbeiter, der mit voller Ar-
beitsschutzausrüstung im Schacht arbeiten und unter Anderem
den reibungslosen Durchgang des Schlauchs beim Einzug in
den Kanal sicherstellen musste. Trotz der zusätzlichen, exter-
nen Kanalbelüftungsanlagen konnte eine Dampfbildung bei
Temperaturen bis über 50°C im Schachtbauwerk nicht voll-

Werbung

Inhaltsverzeichnis
loading

Inhaltsverzeichnis