Abschnitt 3
Herstellerspezifische Implementierung
3.6
3.6.1
54
Nicht normgerechte Funktionen
Das Protokoll IEC 60870-5-103 wurde für ein Einzelfunktionsschutzgerät mit
eingeschränktem Funktionsumfang definiert. Das Problem, das bei einem
multifunktionalen Schutzrelais auftritt, ist hauptsächlich die große Anzahl von
Klasse-1-Ereignissen, die während eines Fehlers erzeugt werden. Moderne
multifunktionale Schutzrelais können während eines Fehlers 20-40 Mal mehr
Ereignisse erzeugen als Einzelfunktionsgeräte, die die Grundlage für die Norm IEC
60870-5-103 bildeten. IEC 60870-5-103 hat einige Einschränkungen:
•
Das Protokoll wurde zur Verwendung mit seriellen Schnittstellen definiert
(max. zulässige Baudrate 19200 Baud).
•
Das Protokoll kann nur ein Änderungsereignis pro Klasse-1-Abfrage
übertragen.
•
Unausgewogene Kommunikation: der Master muss alle Schutzrelais im
Netzwerk zyklisch abfragen, was bedeutet, dass der Master nicht zu lange mit
der Abfrage von Ereignissen eines bestimmten Schutzrelais verbringen kann,
weil das die gesamte Antwortzeit der ganzen Station beeinträchtigt.
Das Schutzrelais enthält eine Reihe von Möglichkeiten, um die IEC 60870-5-103-
Kommunikation zu beschleunigen und zu optimieren. Es muss jedoch überprüft
werden, ob diese Funktion vom Netzwerk und vom verwendeten IEC
60870-5-103-Master akzeptiert werden.
•
Entfernen von unnötigen Klasse-1-Objekten. Auch wenn das Schutzrelais viele
wertvolle Informationen liefern kann, ist es nicht möglich, alles über langsame
serielle Verbindungen zu senden.
•
Entfernen von Ereignissen für die abfallende Flanke für ausgewählte Klasse-1-
Objekte.
•
Die Geschwindigkeit der seriellen Kommunikation kann um bis zu 115,2
kBaud erhöht werden. Alle Schutzrelais einer Multidrop-Verbindung müssen
jedoch die gleiche Kommunikationsgeschwindigkeit unterstützen.
•
GI-Datenoptimierung bedeutet, dass nicht alle Daten in einem GI-Zyklus als
GI-Daten gesendet werden.
Optimierung der Allgemeinen Abfrage
Der Master sollte stets eine GI (General interrogation-Allgemeine Abfrage)
veranlassen, nachdem das Schutzrelais einen Überlauf des Klasse-1-
Ereignisspeichers gemeldet hat. Das Schutzrelais beginnt dann, GI-Daten über den
Klasse-1-Ereignisspeicher zu senden. Gemäß der Norm haben neue Ereignisse
immer eine höhere Sendepriorität als GI-Daten im Klasse-1-Speicher des
Schutzrelais. Die Norm definiert auch, dass alle Daten, die Gegenstand der GI sind,
vom Schutzrelais gesendet werden.
Die Optimierung von GI-Daten ist keine Normfunktion. Standardmäßig ist der
Parameter Optimize GI n auf „Standardverhalten" gesetzt. Das bedeutet, dass der
2NGA000331 A
REX640
Kommunikationsprotokoll-Handbuch