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ULTRAGAIN PRO MIC2200 Bedienungsanleitung
Das Problem der Röhre war aber, dass sie nicht linear verstärkt, d. h. der
Klangcharakter des Ausgangs-materials ändert sich durch den Einsatz der Röhre.
Trotz der Bestrebung, einen möglichst linearen Frequenzgang zu gewährleisten,
musste man damals einen „schlechteren" Klang der Geräte in Kauf nehmen.
Weiterhin beeinträchtige das oben schon angesprochene Rauschverhalten
der Röhre die nutzbare Dynamik angeschlossener Speichermedien
(Magnetbandmaschinen). Damit war eine reale Abbildung der Dynamik des
Audiosignals, die sich durch die Differenz der leisesten und der lautesten
Stelle im Programmmaterial definiert, nicht möglich. Darüber hinaus wurden
in Röhrengeräten qualitativ hochwertige und häufig auch teure Übertrager
eingesetzt und es musste eine sehr aufwendige Spannungsversorgung
gewährleistet sein.
Mit dem Einzug der Halbleitertechnik in den Audiobereich wurde schnell
klar, dass durch einen enorm verbesserten Rauschabstand, eine einfachere
Spannungsversorgung und einen verbesserten Frequenzgang die Röhre ihren
festen Platz in der Verstärkertechnologie einbüßen musste. Zudem lassen
sich Schaltungen in Halbleitertechnik erheblich einfacher und damit
kostengünstiger realisieren.
Zwei weitere Jahrzehnte später gab es durch den Einzug binärer
Signalverarbeitung einen Aufbruch in eine neue Ära, die sich z. B. durch hohe
Dynamik im Aufnahmemedium und verlustfreie Kopierbarkeit auszeichnete.
Im Zuge der Entwicklung digitaler Medien wurde aber immer von vielen die
Wärme, Durchsetzungskraft und Lebendigkeit, die von analogen Aufnahmen
bekannt war, vermisst. Deshalb gelten noch heute digitale Aufnahmen unter
Puristen als „steril" oder „distanziert".
1.3.2 Aufbau und funktionsprinzip der röhre
Eine grobe Einteilung der Röhren lässt sich nach Anzahl der Elektroden machen.
Zu unterscheiden sind dabei Röhren mit zwei, drei oder fünf Elektroden, die als
Di-, Tri- oder Pentoden bezeichnet werden.
vacuum
anode
cathode
heating
Abb. 1.3: Diode
Bei der Diode befinden sich die Elektroden in einem Vakuumglaskolben und
sind von außen elektrisch zugänglich. Das Vakuum ermöglicht dabei eine
ungehinderte Elektronenbewegung. Wird nun eine der Elektroden erhitzt,
kann sie Elektronen freigeben (Elektronenemission, vom lat. emittere = schicken).
Diese elektronenaussendende Elektrode nennt man Kathode. Legt man an die
andere Elektrode, die Anode, eine gegenüber der Kathode positive Gleichspannung
an, so findet ein Fluss der negativen Elektronen in Richtung Anode statt.
Bei umgekehrter Polung der Spannung zwischen Kathode und Anode kann
kein Stromfluss zustande kommen, da die unbeheizte Anode praktisch keine
Elektronen emittiert. Man nutzte diese Bauform z. B. als Gleichrichterröhre in
Spannungsversorgungen von Verstärkern. Die Größe und die Geschwindigkeit des
Elektronenstromes ist abhängig von der Kathodentemperatur, deren Material und
der Höhe der Anodenspannung. Beim Auftreffen der Elektronen auf die Anode
entsteht Wärme, die durch Verwendung größerer Anodenbleche abgestrahlt wird.
vacuum
anode
grid
cathode
heating
Abb. 1.4: Triode
Bei der Triode ist zusätzlich ein metallisches Gitter zwischen der Anode und
der Kathode angebracht, das durch Anlegen einer negativen Spannung die
Steuerung des Innenwiderstandes der Röhre bewirkt und damit verbunden den
Anodenstrom regelt. Wird die Gittervorspannung (Spannung zwischen Kathode
und Gitter) negativ, dann verringert sich der zur Anode fließende Strom, weil das
negativ geladene Gitter die eintreffenden Elektronen abstößt. Als Folge erreichen
weniger Elektronen die Anode. Bei Erhöhung der Gittervorspannung in Richtung
0 wird der Elektronenfluss beschleunigt. Steigt die Gittervorspannung auf 0 oder
sogar in den positiven Bereich, so fließt ein Gitterstrom, der den zur Anode
fließenden Strom erheblich verringert und unter Umständen die Röhre zerstören
kann. Trioden werden meistens in Vorstufen verwendet und sind häufig zu zweit
in einer Röhre zusammengefasst (Doppeltriode).
vacuum
anode
suppressor grid
screen grid
control grid
cathode
heating
Abb. 1.5: Pentode
Bei der Triode stellt die Kapazität zwischen Gitter und Anode ein Problem in
bezug auf hohe Frequenzen und große Verstärkungen dar. Deshalb wird bei der
Pentode ein Schirmgitter mit positiver Ladung zwischen Steuergitter und Anode
positioniert. Allerdings werden durch die positive Ladung des Schirmgitters
Elektronen, die durch eintreffende Elektronen von dem Anodenblech
herausgelöst werden, wiederum angezogen. Um das zu verhindern, fügt man ein
Bremsgitter zwischen Anode und Schirmgitter ein, das aufgrund seiner negativen
Ladung diese Elektronen nicht zum Schirmgitter durchlässt. Pentoden finden
häufig in Endstufen Verwendung.
1.3.3 Eigenschaften der röhre
Im allgemeinen entstehen bei der Übersteuerung von sowohl Transistor als auch
Röhren basierten Schaltungen Verzerrungen verschiedenster Arten. Diese in der
Realität recht komplexen Phänomene werden zur einfacheren mathematischen
Beschreibung in Lineare und Nichtlineare unterteilt. Lineare Verzerrungen
entstehen bei frequenzabhängigen Verstärkungen oder Dämpfungen, wie sie
in allen Filtern oder Klangregelungsschaltungen vorkommen. Linear verzerrte
Signale enthalten am Ausgang dieselben Frequenzanteile wie am Eingang,
nur mit anderer Phasenlage und Amplitude. Bei nichtlinearen Verzerrungen
entstehen zusätzliche Obertöne und Klirrkomponenten, die im Eingangssignal
noch nicht vorhanden sind.