Technisches Fachwissen: Tonarmgeometrie, Baerwald und Null-Punkte
Die optimale Geometrie von Tonarmen war in den letzten Jahrzehnten Gegenstand mehrerer Artikel. Die
früheste vollständige mathematische Studie stammt jedoch von H.G. Baerwald in seiner Arbeit über optimale
Geometrie aus dem Jahr 1941, in der eine analytische Untersuchung der Spurfehlerverzerrung zeigte, dass
die optimale Geometrie eines Tonarms mit gegebener effektiver Länge einen entsprechenden Versatzwinkel
und Überhang aufweist. Dies scheint heute selbstverständlich zu sein, aber H.G. Baerwald war der erste, der
diese Fakten aufzeigte.
Probleme bei der Wiedergabe der inneren Rillen
Die RIAA-Norm für 12" (Langspielplatten) besagt, dass der "Minimum Inside Diameter of Recording" 4 3/4"
beträgt, was einem Durchmesser von 120,65mm oder besser einem Radius von 60,325mm entspricht. Die
Stopprille (geschlossener konzentrischer Kreis) sollte einen Durchmesser von 4 3/16" ± 1/32" haben. Das
bedeutet einen Durchmesser von 106,36mm oder einen Radius von 53,18mm. Leider halten sich heute die
meisten Plattenfirmen nicht an die RIAA-Normen für Schallplatten und schneiden die Rillen sehr nahe an die
Stoppspur. Sehr oft ist das Ende der Aufnahme heute bei einem Radius von 55 mm zu finden. Dadurch kann
die Schallplatte zwar mehr Musik aufnehmen, aber auf der anderen Seite hat dies sehr ernste Folgen.
1. Ein Plattenspieler hat eine konstante Winkelgeschwindigkeit, aber da der Radius der Rillen abnimmt,
verringert sich auch die lineare Strecke, die der Tonabnehmer in einer bestimmten Zeit in der Rille zurücklegt.
Auf der äußeren Rille beträgt die lineare Geschwindigkeit 509 mm/sec. Bei einer Rille mit einem Radius von
60,325mm beträgt die lineare Geschwindigkeit 210mm/sec; bei einem Radius von 55mm sinkt sie auf nur
190mm/sec. Wenn also das 10-kHz-Signal auf der äußeren Rille eine "Länge" von 0,05 mm hat, beträgt sie
auf der inneren Rille mit einem Radius von 60 mm nur 0,02 mm und auf 55 mm nur 0,018 mm. Dies ist genau
der Radius des klassischen kugelförmigen Nadelschliffs. Aber auch eine elliptische Abtastnadel hat das
Problem, ein solches Signal wiederzugeben, wenn sie nicht perfekt ausgerichtet ist.
2. Spurfehler versus Radius der Rille versus Verzerrung:
Wenn man bedenkt, dass die Verzerrung = ABS((50 x Abtastfehler)/Radius der Rille) ist, kann man leicht
berechnen, dass ein Abtastfehler von 2 Grad eine Verzerrung der äußeren Rille = ABS((50 x 2)/146) = 0,684%
erzeugt, aber derselbe Abtastfehler von 2 Grad auf einem Radius von 55mm bereits = ABS((50 x 2)/55) =
1,81%. Der gleiche Abtastfehler führt also bei einem Radius von 55 mm zu einer dreimal höheren Verzerrung
als bei einem Radius von 146 mm.
Bearwald (Nullpunkte 66,0 und 120,9 mm)
Auch als Lofgren A bekannt, minimiert und gleicht die Verzerrungen an den drei gewichteten Abtastfehlerspitzen
aus, was zu einem guten Kompromiss zwischen innerer und äußerer Rillenspur führt. Baerwald zeigt mäßige
Verzerrungen am Anfang der Platte, recht geringe Verzerrungen im Bereich zwischen den Nullpunkten, aber
einen steilen Anstieg der Verzerrungen vom inneren Nullpunkt bis zur innersten Rille. Ein hervorragender
Ausgangspunkt, der für viele Musikgeschmäcker universell gut funktioniert. In der Industrie weit verbreitet,
Nullpunkte bei 66,0 und 120,9 mm. Hier ist ein Beispiel für die typische Baerwald-Geometrie mit korrekten
Nullpunkten. Die blaue Kurve zeigt den Abtastfehler:
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